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Portrait

Martin Görner

 Martin Görner beim Beringen eines Junguhus<br>(Foto: Ronald Bechstedt)
Martin Görner beim Beringen eines Junguhus
(Foto: Ronald Bechstedt)
MARTIN GÖRNER wurde am 29. Okto­ber 1943 in Jena geboren und wuchs hier als Einzelkind auf, da sein Va­ter bereits 1944 im 2. Weltkrieg gefal­len war. Nach seinem Schulabschluss erlernte er auf Drängen seiner Ver­wandten beim VEB „Carl Zeiss“ den soliden Beruf eines Metalldrückers und übte diesen auch geraume Zeit aus, obwohl ihm stets klar war, dass ihn diese Tätigkeit nicht aus­füllen konnte. Sein starkes Interesse galt vielmehr der heimischen Tier- und Pflanzenwelt, die er als Schul­junge beim Befischen der Saale und anderen Arbeiten auf dem Landwirt­schaftsbetrieb seiner Verwandten in Orlamünde südlich von Jena kennen und schätzen gelernt hatte. Sein be­sonderes Interesse aber galt stets der Ornithologie mit einer von Anfang an naturschutzfachlichen Ausrich­tung. Neben seiner Berufstätigkeit als „Zeissianer“ war er bereits als jugend­licher Autodidakt Mitglied der Jenaer Naturschutzkommission und über­nahm dort bestimmte Arbeiten, die mit der Bewertung von Naturschutz-Vorgängen im städtischen Umfeld zu tun hatten. So war er maßgeblich an der Festlegung der Höchstbebauungs­grenze an den Hängen des Saaletals um Jena beteiligt, die auch heute noch immer gilt.

Durch seine ständigen Kontakte mit dem Institut für Landschaftsfor­schung und Naturschutz Halle, Zweig­stelle Jena, wurde er mit Dr. Ludwig Bauer bekannt, der ihn auch bald auf­grund seines Engagement als Kreis­naturschutzbeauftragten für die Stadt Jena vorschlug. Nach einer 1,5-jähri­gen Armeedienstzeit gelang es dann MARTIN aber endlich, sein Berufs­feld zu wechseln und er wurde Re­ferent für Standortsfragen beim Rat der Stadt Jena, so dass er nunmehr in die verschiedensten Bauvorhaben der Stadt Naturschutzaspekte einfließen lassen konnte. Zu Beginn des Jahres 1968 konnte er erneut sein Anstel­lungsverhältnis wechseln und wurde am Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz (ILN) in Jena wis­senschaftlich-technischer Assistent. Neben seinen vielfältigen dienstli­chen Aufgaben studierte er als Fern­student an der Ingenieurschule für Forstwirtschaft in Schwarzburg/Thür. und schloss sein Fachstudium 1976 als Forstingenieur erfolgreich ab. Der Name MARTIN GÖRNER ist untrenn­bar mit Uhuschutz und -forschung in Thüringen verbunden, denn bereits seit 1961 galt sein starkes Interesse dieser um 1950 in den drei thüringi­schen Bezirken Erfurt, Gera und Suhl nur noch mit 7 Paaren einheimischen Großeule. Entgegen anderslauten­den Meinungen von Personen, die da­mals im Vogelschutz namhaft waren und Verantwortung trugen, konnte er Prof. Schildmacher von der Vogel­warte Hiddensee überzeugen, dass die Uhus in der DDR beringt werden müssten, wenn man verlässliche Aus­sagen, z. B. über das Ansiedlungs­ verhalten, mittlere Lebensdauer und Höchstalter, erlangen wollte. So er­hielt er im Jahre 1969 schließlich auch die Beringungserlaubnis für den Uhu mit der Maßgabe, vorrangig nur flüg­ge Junguhus zu markieren. Sein Be­ringungsprogramm, das damals auch die wenigen Uhuvorkommen im be­nachbarten Sachsen und in Sach­sen-Anhalt umfasste, hat MARTIN bis heute - nach der politischen Wende nunmehr in Thüringen - über einen Zeitraum von 45 Jahren ohne Unter­brechung fortgesetzt und dabei weit über 1.000 Junguhus und Fänglinge beringt. Er erhielt für seine flächen­deckende Beringungs- und dienstlich abgesicherte Forschungsarbeit von der Volkspolizei sogar einen „grünen Passierschein“ und konnte damit selbst im streng bewachten Grenzge­biet zur Bundesrepublik auch Uhu­vorkommen erfassen und betreuen. Mit Fug und Recht kann heute gesagt werden, dass MARTIN GÖRNER mit Ab­stand der langjährigste Uhuberinger in Deutschlands ist!

In Thüringen ist der Uhubestand in­zwischen auf nahezu 100 Brutpaare angewachsen und diese kontinuier­liche Populationszunahme ist nicht auf Aussetzungsprogramme zurück­zuführen, sondern ein Erfolg rein klassischer Naturschutzmaßnahmen, insbesondere des konsequenten Schut­zes der Horstplätze. Auf MARTIN Gör­ners Initiative hin wurden zahlreiche Uhubrutvorkommen durch Kreis­und Bezirkstagsbeschlüsse verbind­lich unter Naturschutz gestellt und zumeist als Flächennatur­denkmale (FND) ausgewiesen. Bewachung und Schutz bedrohter Brutplätze wurde darüber hinaus durch ein Netz von ehrenamtlichen Horstbetreuern ge­währleistet. Die Ergebnisse seiner Be­obachtungs- und Beringungsdaten am Uhu wurden, wenn auch überwiegend im Rahmen dienstlicher Tätigkei­ten erworben, nicht unter Verschluss gehalten, sondern in zahlreichen wissenschaftlichen und populärwis­senschaftlichen Publikationen fort­laufend veröffentlicht, beispielsweise in dem beachteten Sonderheft 1977: „Der Uhu und sein Schutz in Thüringen“. Diesem Sonderband folg­ten in der Reihe „Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen“ wei­tere Hefte, die dem Schutz von Eulen (1982), der Wasseramsel (1985) oder den Rauhfußhühnern (1988) in Thüringen gewidmet waren.

Auf Betreiben von MARTIN GÖRNER wurde vom ILN Jena aus bei den Räten der Bezirke Erfurt, Gera und Suhl eine überbezirkliche Arbeitsgruppe Artenschutz (üBAG) eingerichtet, in der ausgewiesene Artenkenner na­turschutzfachliche Aufgaben über­nahmen. Nach der politischen Wende konnte diese bewährte Arbeitsgruppe in einen rechtsfähigen Verein über­führt werden, die Arbeitsgruppe Ar­tenschutz Thüringen e.V. (AAT), deren Leitung bis heute in den Hän­den von MARTIN GÖRNER liegt und die mit der Einrichtung eines Arten­schutzzentrums Thüringen (AZT) in Ranis bei Pößneck eine über die Landesgrenze hinaus wirkende Bil­dungsstätte für Naturschutz- und Umweltfragen mit bemerkens­werten Dauerausstellungen und Eulenvoli­eren geschaffen hat. Als Leiter der AAT organisiert MARTIN GÖRNER seit 1990 alljährlich die inzwischen inter­national bekannt gewordene Jahres­tagung „Probleme des zoologischen und botanischen Artenschutzes in Mitteleuropa“ in Bad Blankenburg. Als Mitbegründer und Schriftleiter der „Säugetierkundlichen Informa­tionen“ ab 1977, der Herausgabe der „Acta ornithoecologica“ ab 1985 und als Initiator und Mitherausgeber vom „Artenschutzreport“ ab 1991 leistet der Jubilar weiterhin eine umfangrei­che redaktionelle Zeitschriftenarbeit. Sein Name steht auch als Herausge­ber oder Mitautor auf Titelseiten von 8 Büchern unterschiedlicher Ver­lage und auf 5 Tagungsbänden; zu weiteren Büchern hat MARTIN GÖRNER größere Beiträge geleistet. Die Gesamt­ zahl seiner Veröffentlichun­gen in zoologischen, naturschutzre­levanten, jagdlichen und forstlichen Publikationsorganen übersteigt in­zwischen die Zahl 150, wobei sichlein 32 Arbeiten mit dem Schutz, der Verbreitung oder Populationsökologie von Uhu, Schleiereule und Waldkauz befassen.

Die AG Eulen wünscht MARTIN GÖRNER noch viele Jahre bei gu­ter Gesundheit und ungebrochener Schaffenskraft, erfolgreich für den Naturschutz im Allgemeinen und für den Uhu im Besonderen!

Jochen Wiesner, 2014 im Eulen-Rundblick 64: 108

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