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Nachruf

Dieter Rockenbauch

(25. Dezember 1935 - 24. September 2018)

Am 24. September 2018 starb DIETER ROCKENBAUCH unerwartet im Alter von 82 Jahren. In seinem Garten erlitt er einen Sekundentod. Wir haben einen überregional bedeutenden Ornithologen und äußerst engagierten Naturschützer verloren!

HANS-DIETER ROCKENBAUCH wurde am 25.12.1935 in Geislingen/Steige geboren. Seine Eltern waren der Finanzbeamte RUDOLF ROCKENBAUCH und ELSE ROCKENBAUCH, geb. LÄSSING. Dieter war das jüngste von drei Kindern (1 Bruder, 1 Schwester). 1938 wurde sein Vater von Geislingen als Inspektor an das Finanzamt Villach in Kärnten (Österreich) versetzt. Dort lebte die Familie bis 1946. Dann reisten alle nach verschiedenen Zwischenstationen nach Geislingen zurück.

Nach der mittleren Reife am Gymnasium machte DIETER ROCKENBAUCH zunächst eine Schlosserlehre. Danach folgte eine Lehre zum Beruf eines technischen Kaufmanns. Die Ornithologie blieb jedoch weiterhin sein „Hobby„, das er mit Feuereifer betrieb.

Am 22.9.1962 heiratete er HEIDRUN POSPISCHIL, die ihm zwei Töchter und einen Sohn schenkte. Darüber hinaus teilte sie die Begeisterung für die Vogelkunde und wurde seine treueste und zuverlässigste Mitarbeiterin bei der ornithologischen Forschungsarbeit, der er sich im Ruhestand voll widmen konnte.

Schon als Junge interessierte sich DIETER ROCKENBAUCH für die Tier- und Pflanzenwelt seiner Heimat. Am stärksten begeisterten aber die Vögel und unter diesen besonders Greifvögel und Eulen. Als er mehrfach einem offiziellen Vogelberinger der Vogelwarte Radolfzell bei dessen Arbeit geholfen hatte, reifte bei ihm der Wunsch, selbst Vögel zu beringen, um dadurch mehr über deren Leben zu erfahren. Am 20. Januar 1956 wurde ihm die gewünschte Erlaubnis zum Fangen und Beringen von Vögeln für die Vogelwarte Radolfzell erteilt. Im Laufe seines Lebens beringte er über 32.000 Vögel, darunter mehr als 13.000 Greifvögel und Eulen. Für diese Tätigkeit hatte er unter anderem auch seinen Garten mit einbezogen, wo er Fanganlagen unterhielt.

Die ornithologische Arbeit von DIETER ROCKENBAUCH beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Vogelberingung. Schon in jungen Jahren hat er die Lebensweise des Mäusebussards erforscht und eine grundlegende Arbeit darüber veröffentlicht. Mit Leidenschaft, Wissen und Tatendrang hat er sich besonders mit der Biologie und dem praktischen Schutz des Wanderfalken befasst, der in der 2. Hälfte der 1950er-Jahre in Deutschland auszusterben drohte.

1963 wurde DIETER ROCKENBAUCH Mitglied im Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV, heute NABU) und Vorsitzender der Ortsgruppe Geislingen dieser Vereinigung. Bis 2004 (mehr als 40 Jahre!) hatte er diese ehrenamtliche Tätigkeit inne. Der Wanderfalke spielte dabei immer eine besondere Rolle.

Dadurch kam es zu Kontakten mit der Staatlichen Vogelschutzwarte für Baden-Württemberg in Ludwigsburg, deren Leiter ich damals war. Wir besprachen uns dann häufig im kleinen Kreis, zu dem auch noch HERBERT WALLISER und FRIEDRICH SCHILLING aus Nürtingen gehörten. Die damalige Situation des Wanderfalken war sehr kritisch. Illegale Verfolgung, Pestizide und Greifvogelhandel waren die wesentlichsten Probleme. Um diesem mit Aussicht auf Erfolg entgegenzuwirken, erwies es sich als dringende Notwendigkeit, eine spezielle Arbeitsgruppe aufzubauen. So beschlossen wir, 1965 in der Wohnung von HERBERT WALLISER in Nürtingen, die „Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz (AGW)“ zu gründen.

Die offizielle Gründungsversammlung fand dann 1966 in Ludwigsburg statt. Die AGW war zunächst nur in Baden-Württemberg tätig, wurde aber bald als erste bundesweit agierende, spezielle Artenschutzgruppe im DBV (heute NABU) anerkannt.

Im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft ging DIETER ROCKENBAUCH mit Elan ans Werk. Er schrieb zahlreiche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und in der Presse sowie die beiden Bände „Der Wanderfalke in Deutschland und umliegenden Gebieten„ (1. Band 1998 und 2. Band 2002). Letztere sind Standardwerke über den Wanderfalken in Mitteleuropa!

Dass der Bestand des Wanderfalken in Deutschland gerettet und vermehrt werden konnte, ist der engagierten Arbeit der „Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz“ (AGW) und in besonderem Maße dem unermüdlichen Einsatz in Forschung und Schutz durch DIETER ROCKENBAUCH zu verdanken! Für seine herausragende Lebensleistung um den Natur- und Artenschutz wurde er 1999 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Eine Ehrung, welche DIETER ROCKENBAUCH wahrlich verdient hatte.

Neben dem Wanderfalken galt sein besonderes Interesse dem Uhu, der um die 1950er-Jahre in Baden-Württemberg so gut wie ausgerottet war. Intensive Schutzmaßnahmen zugewanderter Uhus sowie einige Wiederansiedelungen von aus Zuchtvolieren stammenden Vögeln durch die AGW führten schließlich zur Ausbreitung des „Königs der Nacht„ in unserem Land. Die umfangreiche und sehr gehaltvolle Publikation von DIETER ROCKENBAUCH, „Die ersten 50 Jahre nach der Heimkehr des Uhus in Baden-Württemberg“, erschien 2018 in der Fachzeitschrift „Ökologie der Vögel„. Kurz vor seinem Tod konnte er noch Exemplare seines letzten Werks versenden.

DIETER ROCKENBAUCH war neben den genannten Aktivitäten engagiert in der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Er hielt zahlreiche Vorträge und führte naturkundliche Wanderungen im In- und Ausland. Darüber hinaus war er eng verbunden mit dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart sowie besonders mit dem Naturkundlichen Museum in Jebenhausen, wo er von 1972 an die attraktive Vogelausstellung betreute. Für dieses Museum war er Leihgeber von Präparaten aus seiner eigenen Sammlung, wie zuletzt bei der Sonderausstellung 2015 „Der Uhu - König der Nacht“.

Im vergangenen Jahr konnte DIETER ROCKENBAUCH einen großen Wunsch umsetzen: Das Museum „Alter Bau„ in Geislingen eröffnete die umfangreiche Dauerausstellung mit dem Titel „Unsere Vogelwelt“. Darin werden etwa 250 Vogelpräparate aus seiner Sammlung in ihren Lebensräumen nachgebildeten Dioramen präsentiert.

Für seine engagierte und äußerst verdienstvolle Tätigkeit erhielt DIETER ROCKENBAUCH zahlreiche Ehrungen. Von diesen seien besonders hervorgehoben:

1969: Silberne Ehrennadel des DBV-Landesverbandes

1969: Goldene Ehrennadel des DBV-Bundesverbandes

1980: Urkunde für hervorragende Mitarbeit, Max-Planck-Institut, Vogelwarte Radolfzell

1985: Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg

1987: Kaiser-Heimatpreis, Geislingen

1999: Bundesverdienstkreuz am Bande

1999: Walter-Schall-Anerkennungspreis der Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg

2003: Premio Federichino der Fondazione Federico II, Hohenstaufen, Jesi und Palermo und Gesellschaft für Staufische Geschichte, Göppingen 2008: Staufermedaille des Landes Baden-Württemberg

Durch den Tod von DIETER ROCKENBAUCH wurde in den Kreis besonders aktiver und verdienstvoller Ornithologen und Naturschützer eine schmerzliche Lücke gerissen. Darüber hinaus haben viele - wie auch ich - einen guten Freund verloren. Wir werden ihn und das, was er geleistet hat, nie vergessen!

Claus König, 2019 im Eulen-Rundblick 71: 158

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ag_eulen/ehrungen/portraits/1935_dieter_rockenbauch.txt · Zuletzt geändert: 2021/12/08 01:47 von frenzel