Text von Karl-Heinz Graef
Von den 13 in Europa vorkommenden Eulenarten brüten 10 regelmäßig in Deutschland. Alle heimischen Eulen sind überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Lediglich die Sumpfohreule ist überwiegend tagaktiv. Als Anpassung an das Leben in der Nacht besitzen Eulen einige Besonderheiten hinsichtlich ihres Körperbaus, ihres Verhaltens und ihrer enormen Sinnesleistungen.
Um auch noch bei fast völliger Dunkelheit ausreichend sehen zu können, sind die für Vögel ungewöhnlich großen Augen auf die maximale Ausnutzung von Restlicht ausgelegt. Dazu zählen die große Pupille und der walzenförmige Augapfel, der tief in den Schädel eingelassen ist. Diese Zylinderoptik erinnert an das Konstruktionsprinzip lichtstarker Teleobjektive: Große Linsen mit weit geöffneter Blende, bzw. Pupillen bei den Eulen, erlauben eine hohe Lichtausbeute. Durch den „großen“ Abstand zwischen Linse und Netzhaut wird viel Licht auf kleiner Fläche scharf gebündelt. Es trifft auf eine hochsensible Schicht, die viel mehr Sehzellen enthält als die des menschlichen Auges. Nachtaktive Eulen erreichen eine 3-10fach bessere Dämmerungsleistung als der Mensch. Der Augapfel ist „fest“ mit dem Schädelknochen verwachsen, was die Eule aber durch eine enorme Beweglichkeit
des Kopfes ausgleicht. Ohne den Körper zu bewegen, kann eine Eule über die gegenüberliegende Schulter blicken, was einer Drehung von sagenhaften 270° entspricht. Eulen sind auch keineswegs tagblind, wie oft behauptet wird. Tatsächlich steigt sogar die Leistungsfähigkeit ihrer Augen mit zunehmender Helligkeit. Die meisten heimischen Eulen haben orangegelbe Augen, lediglich Schleiereule, Waldkauz und Habichtskauz haben dunkle. Zum Schutz der Augen haben Eulen neben der milchig-trüben „Nickhaut“ ein oberes und ein unteres Lid.
Eulen müssen sich ihren Beutetieren möglichst geräuschlos nähern können, um erfolgreich zu sein. Als besondere Anpassung ist deshalb die Außenkante des Flügels gezähnelt (gefranst), wodurch der Flug fast lautlos wird. Die Schwungfedern von tagaktiven Eulenarten sind dagegen nur schwach gezähnelt. Zudem ist das Gefieder flauschig locker und weich und die Federn weisen eine samtartige Oberfläche auf, die die Geräusche von den sich aneinanderreibenden Federn stark dämpft.
Bemerkenswert ist das Hörvermögen der Eulen. Sie können ihre Beute allein mit dem Gehör orten und davon geleitet erbeuten. So kann eine Schleiereule z.B. die Geräusche einer Maus
auf 1 Winkelgrad genau anpeilen. Ihr Gehör ist um das 5-10 fache empfindlicher als das des Menschen. Einige Besonderheiten des äußeren Ohres ermöglichen ihr ein dreidimensionales Hören. Die Ohröffnungen liegen verborgen hinter dem Gesichtsscheleier (in etwa der Augenhöhe) und münden höhenversetzt in den Schädel. Der Gesichtsschleier wirkt hierbei zusätzlich noch wie ein Trichter, der die Schallwellen bündelt und in Richtung Ohröffnung leitet.
Alle Eulenarten haben vier Zehen, die nur bei den Schleiereulen mehr oder minder gleich lang sind. Die Innenseite der Mittelzehenkralle weist hier eine feine Sägestruktur auf und wird als „Putzkralle“ eingesetzt. Bei den „Echten Eulen“ ist die Innenzehe sichtbar kürzer. Die vierte Zehe ist als „Wendezehe“ ausgebildet, die sowohl die Ausrichtung nach vorne als auch nach hinten ermöglicht. Beim sitzenden Vogel ist die Zehenstellung normalerweise zangenartig, zwei nach vorne und zwei nach hinten. Warzenartige Papillen an den Zehenunterseiten ermöglichen zusätzlich ein sicheres Tasten und Greifen. Im Gegensatz zu den meist nackten, mit Hornschuppen versehenen Füßen der Greifvögel haben viele
Eulenarten pelzartig dicht befiederte Füße und Zehen und im Falle des Rauhfußkauzes (z.B. auch bei den Rauhfußhühnern) war dies auch mit entscheidend bei der deutschen Namensgebung (von „Rauchwerk“ = Pelzwerk, daher das „h“). Von den in Europa vorkommenden Arten haben lediglich Schleiereule und Zwergohreule nur borstenartige Fußbefiederung.
Die Reste unverdauter Nahrungsbestandteile wie Haare, Knochen und Chitinteile werden als Gewölle wieder ausgewürgt. Sie geben wichtige Hinweise auf die Zusammensetztung der Nahrung nach Arten und Häufigkeit. Von den Gewöllen tagaktiver Greifvögel lassen sich Eulengewölle relativ einfach unterscheiden. Bei Gewöllen von Eulen sind viele Knochen noch ganz, da die Beute oft am Stück hinunter geschluckt wird, während bei Gewöllen von Taggreifvögeln viele Knochen zerbrochen sind oder sogar mitverdaut wurden und daher im Gewölle fehlen.