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Eulenrundblick 65 - April 2015

Die Nummer als Volltext

Inhalt
Eulenschutz
Martin Lindner Auswilderung von Uhus in der Vergangenheit und Gegenwart
Wilhelm Breuer Brut des Uhus Bubo bubo am Hildesheimer Dom
Vorträge bei der Tagung 2014
Wolfgang Scherzinger &
Yun Fang
Historisches zur Artbeschreibung des Davidskauzes Strix davidi
Martin Lindner Uhus in urbanen Gebieten
Christiane Geidel Kleinsäuger als ausschlaggebende Größe für den Bruterfolg des Uhus (Bubo bubo) im Südlichen Frankenjura
Ortwin SchwerdtfegerEntstehen und Vergehen einer Population des Rauhfußkauzes (Aegolius funereus)
Wolfram Brauneis Das Vorkommen von Wanderfalke (Falco peregrinus) und Uhu (Bubo bubo) in gemeinsamen Brutgebieten – Beispiel Hessen
Originalarbeiten
Daniel Mangold &
Tobias Wirsing
Analysen zur Ausbreitung des Uhus Bubo bubo in die Flussauen des Oberrheingrabens
Jochen Wiesner, Wilhelm Meyer & Klaus Hillerich Zur Unterscheidung der Eier von Sperlingskauz, Rauhfußkauz und Hohltaube – eine biometrische Studie
Olaf Olejnik Ergebnisse eines Kleinsäugermonitorings
Literaturübersichten
Olaf Olejnik Quellen zur Einwanderung des Waldkauzes Strix aluco in den menschlichen Siedlungsraum in Deutschland
Olaf Olejnik Etwas zu den Namen Totenvogel und Steinkauz
Beatrix Wuntke Zur Arbeit mit Daten aus Veröffentlichungen zu Gewöllanalysen der Schleiereule Tyto alba
Kurze Mitteilungen
Ernst Kniprath &
Susanne Stier-Kniprath
Schleiereulen Tyto alba 2014: Von Zweibruten, Partnerschaften und Helferinnen
Nachrrichten aus der Eulenwelt
Klaus Borrmann „Europas Eulenwelten“ in Mecklenburg
Wilhelm Breuer Jahresbericht 2014 der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V. (EGE)
AG Eulen intern
Ruben Wickenhäuser Der Eulen-Rundblick nach 20 Ausgaben
Karl-Heinz Graef Bericht zum 8. Symposium „Populationsökologie von Greifvogel- und Eulenarten“ und der 30. Jahrestagung der AG Eulen 2014 in Halberstadt
Wilhelm Breuer Albrecht Jakobs – Uhuschützer der ersten Stunde
Klaus Hillerich Dr. Theodor Mebs zum 85. Geburtstag
Jochen Wiesner Dr. Ernst Kniprath – 75 Jahre




PELLEGRINO J, NEGRI A, CUCCO M, MUCCI N, PAVIA M, SALEK M, BOANO G & RANDI E 2014
Phylogeography and Pleistocene of the Little Owl Athene noctua
inferred from mtDNA sequence data

[Phylogeographie und pleistozäne Refugien des Steinkauzes, erschlossen aus mtDNA-Sequenzen]

Besprechung von Wolfgang Scherzinger

Der Klimawandel ist kein neuzeitliches Phänomen, und seit jeher bestimmten die wechselhaften Lebensbedingungen das Verbreitungsmuster von Tier- und Pflanzenarten. Allein im Quartär erlitt die Nordhalbkugel einen Wechsel von wenigstens zehn Vereisungsperioden und entsprechenden Interglazialen, mit jeweiligem Rückzug bzw. Wiederausbreitung der betroffenen Arten. Zum Höhepunkt der Vereisung war Mitteleuropa durch riesige Tundrenlandschaften gekennzeichnet, mit massigen Eiskappen über den Alpen, den Pyrenäen, dem Balkangebirge und selbst über dem Apennin. Zum einen begünstigte die Aufsplitterung von Vogelpopulationen die genetische Differenzierung der einzelnen Isolate in ihren Refugialgebieten; zum anderen ermöglichte die erhebliche Absenkung des Meeresspiegels neue Kontaktzonen (z. B. zwischen Italien und dem westlichen Balkan sowie den umgebenden Inseln).

Die Sequenzierung der Mitochondrien-DNA (Cytochrome Oxidase I) von Steinkäuzen aus 22 Europäischen Herkunftsgebieten zeigt eine deutliche geographische Differenzierung der Haplotypen, die mit den eiszeitlichen Rückzugsgebieten gut übereinstimmen: Auf Grund drastischer Veränderungen der Lebensbedingungen in Nord- und Mitteleuropa verblieben dem massiv eingeengten Steinkauzvorkommen Überlebensmöglichkeiten im Wesentlichen auf der Iberischen Halbinsel (= westliches Refugium) und im südlichen und südöstlichen Mittelmeerraum (= östliches Refugium). Diese Aufspaltung lässt sich mit rund 1,7 - 2 Mio. Jahren vor heute datieren. In jüngerer Zeit (0,2 - 0,7 Mio. Jahre) erfolgte ebenda aber eine weitere Aufsplitterung in Refugien auf dem Balkan, in Süditalien und auf der Insel Sardinien. In Anpassung an die unterschiedlichen Habitateigenschaften in den Rückzugsgebieten differenzierten sich die lokalen Steinkauzvorkommen soweit, dass die genetischen Distanzen der Haplotypen heute auf Artniveau liegen. Soweit es den Steinkäuzen gelang, in den klimatisch günstigen Zwischeneiszeiten ihre früheren Areale wieder zu besetzen, kam es zu örtlichen Kontaktzonen oder gar zur Vermischung der unterschiedlichen Herkünfte.

Heutige Steinkauzvorkommen in Spanien, Westfrankreich, Holland, Dänemark sowie Tschechien gehen auf Vögel aus dem Westareal hervor. Käuze aus dem Süd-Italienischen Refugium wanderten bis an die Alpensüdseite, ins benachbarte Südfrankreich und in die Schweiz. Der Balkantyp findet sich - unvermischt - in Bulgarien, Albanien, Griechenland und Cypern. Der sardische Steinkauz konnte die Insel nach Anhebung des Meeresspiegels nicht mehr verlassen.

Mit der Schaffung sekundärer Lebensräume durch die menschliche Rodungstätigkeit konnten sich Steinkäuze bis weit über Mitteleuropa hinaus ansiedeln. Da westliche Käuze bis Ungarn und Rumänien (dem Areal östlicher Herkünfte) vordrangen, und östliche Herkünfte bis ins heutige Österreich kamen, entstanden in Mitteleuropa „Hybridformen“ unterschiedlichster Zusammensetzung.

Bemerkenswerter Weise entsprechen die genetisch definierten Steinkauz-Gruppen weitgehend der traditionellen Unterartenaufgliederung, die sich an morphologischen Merkmalen orientiert:

Athene noctua vidalii Europäische Westküste bis Russland
Athene noctua sarda Sardinien
Athene noctua noctua Mitteleuropa bis Süditalien
Athene noctua indigena Mittlerer Osten, Türkei, Kreta, Griechenland, Balkan bis Ukraine

Aus ER 65 S 69/70

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