von Ortwin Schwerdtfeger
Im Jahr 2000 sollte aus Anlaß des 20-jährigen Jubiläums der AG Eulen als bundesweiter Dachverband eine besondere Eulentagung mit internationaler Beteiligung stattfinden. Die umfangreichen Planungen begannen bereits 1996 unter dem Arbeitsthema „Was bietet der Wald den Eulen? Wie nutzen die Eulen den Wald?“. Ein Tagungsort im Umfeld der in Hannover stattfindenden Weltausstellung „Expo 2000“ schien sinnvoll. Hier bot sich das Internationale Haus Sonnenberg bei St. Andreasberg im Harz an, ein im Wald liegendes Tagungszentrum, das Unterkunft und Vollpension für 220 Teilnehmer bot. Diese ideale Tagungsstätte wurde für den Zeitraum 12.-15. Oktober 2000 reserviert.
Schon bei der ersten Kontaktaufnahme mit möglichen Referenten zeigte sich, dass das Interesse der europäischen Eulenfachleute an einer solchen Tagung sehr groß war, obgleich bereits im Frühjahr eine internationale Konferenz „Owls 2000“ in Australien geplant war. Deshalb wurde diese 1. Jahrestagung der AG Eulen in Niedersachsen zu dem „Internationalen Symposium Harz 2000“ und damit zum 3. Treffen der europäischen Eulenfachleute mit dem Thema „Ökologie und Schutz europäischer Waldeulen“. Mitveranstalter waren der Naturschutzbund Deutschland NABU und das Niedersächsische Landesamt für Ökologie-Staatliche Vogelschutzwarte. Als Schirmherr konnte der Niedersächsische Ministerpräsident, Herr SIGMAR GABRIEL, gewonnen werden.
Die Bemühungen um Fördermittel für diese bisher aufwendigste Veranstaltung der AG Eulen waren zunächst wenig erfolgreich, wozu auch die Internationalität der Tagung beizutragen schien. Dankenswerterweise gab es dann finanzielle Unterstützung von dem Naturschutzbund Deutschland, der Niedersächsischen Lottostiftung, dem Regionalverband Harz, dem Bundesverband wissenschaftlicher Vogelschutz sowie weiteren Firmen und Privatpersonen. Der Tagungsführer, der das Programm, die Abstracts und die Teilnehmerliste enthält, wurde mit Mitteln der Niedersächsischen Umweltstiftung gedruckt.
Das Symposium wurde sehr vielseitig angekündigt: in ornithologischen und forstlichen Fachzeitschriften, durch Reportagen im Rundfunk, Fernsehen und in der Tagespresse. Zeitgemäß wurde auch im Internet auf dieses Ereignis hingewiesen und zwar auf mehreren Natur-Webseiten bis hin zum „World Conference Calendar“. Dies war notwendig, da es im Jahr 2000 für Naturfreunde ein ungewöhnlich umfangreiches und vielseitiges Angebot gab. Alle Naturschutzverbände und Fachgruppen veranstalteten attraktive Kongresse.
Nach dem Motto: „je mehr Referenten mit klangvollen Namen zusagen, umso mehr kommen noch dazu“ gelang es, Fachleute aus 17 Ländern für die Darstellung von Ergebnissen umfangreicher Freilandstudien zu gewinnen, darunter viele bekannte Eulenforscher. Insgesamt wurden 44 Vorträge und 24 Posterbeiträge in das Programm aufgenommen.
Neben 30 deutschen Beiträgen waren folgende Länder vertreten: Finnland und die Schweiz jeweils 6 Beiträge); Weißrußland und Tschechien/Slowakei (je 4); England und Holland ((1e 3); Dänemark, Italien und Polen (je 2); Belgien, Bulgarien, Frankreich, Norwegen und Slovenien (je 1). Dabei waren Waldkauz und Rauhfußkauz jeweils 10mal vertreten, es folgten Waldohreule (8), Uhu (7), Sperlingskauz (8) und Habichtskauz (2). Die Tagungssprachen waren alternativ Deutsch und Englisch, wobei die englische Darstellung überwog.
Das Vortragsprogramm war in folgende Themenbereiche aufgegliedert worden: Wald und Eulen, Nahrungsökologie, Verhaltens- und Populationsökologie und Eulen-Monitoring. Die Schwerpunkthemen Waldohreule und Waldkauz, der Uhu in Deutschland sowie Waldbau und Artenschutz waren jeweils mit Workshops verbunden, die von HUBERTUS ILLNER, KARL RADLER und JOCHEN WIESNER initiiert und moderiert wurden.
Die öffentlichen Abendveranstaltungen am Freitag und Sonnabend zeigten sehr interessante Einblicke in das Leben von einheimischen und australischen Eulen sowie von anderen Tag- und Nachttieren. Die Diavorträge und Filmbeiträge wurden durch Harzer Folkloremusik umrahmt, ein Novum bei Jahrestagungen. Die Exkursionen führten in die Lebensräume der für den Harz charakteristischen Eulenarten Rauhfußkauz und Sperlingskauz.
Besonderen Zuspruch fanden auch die vielen anspruchsvollen und sich sehr gut ergänzenden Poster, die in einem gesonderten Raum präsentiert wurden. Sie zeigten typische Beispiele von Projekten der ökologischen Forschung, der Eulen-Erfassung, des Eulen-Schutzes und der Waldgestaltung. Diese Ausstellung war stets gut besucht und wurde von etlichen Teilnehmern als besinnlicher Ausgleich für das anstrengende Vortragsprogramm genutzt.
Dort konnten auch die 28 Fotos zum Thema „Waldeulen in ihrem Lebensraum“ begutachtet werden, die zu dem erstmals von der AG Eulen ausgeschriebenen Fotowettbewerb eingereicht worden waren. Durch Abstimmung der Tagungsteilnehmer ergab sich folgende Platzierung:
Diese beispielhafte Artenschutztagung vermittelte einen umfassenden Überblick über den Kenntnisstand zur Biologie und Ökologie der im Wald lebenden Eulen als Grundlage für artspezifische Bestandserfassungen, Beurteilung ihrer Gefährdung und Entwicklung effektiver Schutzmaßnahmen. 220 Teilnehmer hatten dieses Angebot genutzt. Es waren Wissenschaftler u. Praktiker, Waldökologen, Forstleute, Eulenspezialisten, Naturschützer und Naturinteressenten mit einem erfreulich hohen Anteil an Studenten.
Der Eulenforscher IAIN TAYLOR aus Schottland, Initiator des 1. europäischen Treffens der Eulenfachleute in Edinburgh 1989 und seit einigen Jahren in Australien tätig, übernahm die Aufgabe des Sprechers der ausländischen Referenten. Er hob in seiner Einführung die Bedeutung dieser Tagung für multinationale Kontakte zwischen den Eulenforschern hervor. Immerhin waren seit der letzten Konferenz europäischer Eulenfachleute 10 Jahre vergangen. In seinem Resümee zum Abschluss des Symposiums zeigte sich I. TAYLOR beeindruckt von der Vielzahl neuer Ergebnisse der Eulenforschung. Er wies auf die Notwendigkeit solcher Tagungen hin und erläuterte Vorschläge für eine engere internationale Zusammenarbeit. Gute Möglichkeiten zu gegenseitiger Kontaktaufnahme ergaben sich bereits während der Tagung, da alle Teilnehmer im idyllisch gelegenen Tagungszentrum wohnten und auch die Veranstaltungen überwiegend dort stattfanden. So konnte man ohne weiteres mit bekannten Eulenforschern ins Gespräch kommen, die man bisher nur aus der Literatur oder durch Briefwechsel kannte. Abends trafen sich die Unermüdlichen dann zum Eulenstammtisch in der Kellerbar. Ein alter Tagungs-Hase (-Kauz) brachte es kurz vor der Migration der Teilnehmer auf den Punkt: „So viele Eulenexperten aus so vielen Ländern werden so bald nicht wieder auf so engem Raum zu finden sein.“
Quelle: 2002 Eulen-Rundblick 50: 64-66