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Bericht über die 35 Jahrestagung der AG Eulen in Bad Blankenburg

Die 35. Jahrestagung der „Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen e.V.“ (AG Eulen) fand dieses Mal vom 06.-08. September 2019 in Bad Blankenburg in Thüringen statt. Für die Organisation und Planung vor Ort danken wir sehr herzlich Dr. Jochen Wiesner und Wilhelm Meyer. Im Mittelpunkt der Fachtagung der AG Eulen standen Eulenforschung und Eulenschutz mit Schwerpunkt der waldbewohnenden Eulenarten. Insbesondere der Habichtskauz stand mit vier Vorträgen diesmal im besonderen Interesse der jährlichen Tagung der AG Eulen. Neben den Vorträgen aus Deutschland ergänzten Referentinnen und Referenten aus Österreich und der Ukraine die Jahrestagung. Insgesamt konnte der Vorstand der AG Eulen rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen, die eine mehr oder weniger weite Anreise hinter sich hatten.

Das Tagungsprogramm fing mit einem Abendvortrag von Gerhard Brodowski aus Hamburg an. Der Referent beschäftigt sich in seiner Freizeit mit der Umsetzung von Artenschutzmaßnahmen, mit der Beobachtung der Vogelwelt und vor allem mit der Naturfotografie. Auf seiner www.brodowski-fotografie.de|Internetseite sind seine hoch interessanten Aufnahmen ausgestellt.

Der beeindruckende Vortrag über seine Verhaltensstudien an Greifvögeln und Eulen kam beim Fachpublikum gut an und wurde mit anhaltendem Applaus honoriert.

Danach trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum sehr beliebten „Eulenschützer-Stammtisch“, um Erfahrungen rund um das Thema Eulen auszutauschen bzw. neue Kontakte zu knüpfen.

Pünktlich um 09:00 Uhr am Samstag begrüßte der Vorsitzende Michael Jöbges die Anwesenden und eröffnete die Fachtagung.

Die ersten vier Vorträge behandelten das Thema Habichtskauz-Wiederansiedlung in Österreich und Bayern. Als erster Referent berichtete Johannes Bradtka aus Erbendorf über das Habichtskauz-Projekt in Nordbayern, welches den Naturpark Steinwald, den Hessenreuter Wald und das südliche Fichtelgebirge umfasst. Hauptziel des Projektes ist, eine selbsttragende Population zu etablieren. In den Jahren 2017 bis 2019 wurden insgesamt 18 junge Habichtskäuze ausgewildert. Bisher konnte ein Habichtskauz-Revier bestätigt werden.

Der nächste Referent, Dr. Richard Zink aus Wien, berichtete über die Erfahrungen von 10 Jahren Habichtskauz-Wiederansiedlung in Österreich. Im Jahre 2007 startete das Projekt zur Wiederansiedlung des Habichtskauzes entlang der Alpennordseite. Ziel ist es, die Populationslücke zwischen den aktuellen Vorkommen nördlich und südlich von Österreich zu schließen. Bis einschließlich 2018 wurden 332 Vögel freigelassen, davon 180 im Biosphärenpark Wienerwald und 152 im Wildnisgebiet Dürrenstein. Der Nachweis der ersten Brut gelang im Jahr 2011, nur zwei Jahre nach Beginn der Wiederansiedlung. Insgesamt gibt es gegenwärtig rund 30 Reviere. Im bisher besten Brutjahr 2019 konnten 21 aktive Brutpaare nachgewiesen werden. Somit ist das Projekt bisher auf einem guten Wege.

Nach der Kaffeepause folgte der Vortrag von Frau Dr. Ingrid Kohl mit den Co-Referenten Dr. Christoph Leditzning und Franz Aigner aus Scheibbs in Österreich mit dem Thema „10 Jahre Habichtskauz-Wiederansiedlung um das Wildnisgebiet Dürrenstein“ in Österreich. Von 2009 bis 2018 wurden im Wildnisgebiet Dürrenstein 154 junge Habichtskäuze mit Sendern versehen und freigelassen. Dismigrationsdistanzen von ca. 150 km, Überlebensraten von etwa 75% im ersten Jahr nach der Freilassung und verschiedene Todesursachen (z.B. Prädation durch den Steinadler) wurden erfasst.

Ein weiterer Vortrag über das (Klein)Eulen-Monitoring im Wildnisgebiet Dürrenstein, Österreich (IUCN Kategorie I, UNESCO Weltnaturerbe) in Kooperation mit Thomas Hochebner, Claudia Schütz und Gerhard Rotheneder von der Schutzgebietsverwaltung in Scheibbs, wurde ebenfalls von Dr. Ingrid Kohl gehalten.

Das Wildnisgebiet Dürrenstein, das den Fichten-Tannen-Buchen-Urwald Rothwald beinhaltet, ist ein totholzreicher Naturbergwald. Von 2015 bis 2019 wurden die Bestände von Rauhfußkauz, Sperlingskauz, Waldkauz und Habichtskauz erhoben. Mit dem Uhu als Nahrungsgast und der Waldohreule, die 2017 als Brutvogel im Wildnisgebiet neu entdeckt wurde, kommen im Gebiet sechs Eulenarten vor. Die Daten der ersten vier Jahre des Projektes ergaben, dass der Rauhfußkauz und der Waldkauz die häufigsten Eulenarten im Gebiet sind. 2016 erhöhte eine Buchenmast die Dichte der Kleinsäuger. In der darauffolgenden Brutsaison zeigten die Rauhfußkäuze einen signifikanten Anstieg der Revierdichte und hohen Bruterfolg. Im Untersuchungsgebiet brütet der Rauhfußkauz ausschließlich in Baumhöhlen, vor allem in Höhlen vom Schwarzspecht. Sperlingskäuze kamen in relativ geringen Dichten von 3,0 Revieren/10km2 vor. Die hohe Dichte der Waldkäuze könnte die Ursache für die relativ geringe Dichte der Sperlingskäuze sein. Habichtskäuze wurden wiederangesiedelt und sind relativ selten.

Nach der Mittagspause wurden die Vorträge fortgesetzt. Dr. Frank Rau aus Freiburg berichtete über Uhus und Wanderfalken: „Dynamische Populationen und Populationsdynamik des Uhus in Baden-Württemberg“. Im Rahmen eines von der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz (AGW) durchgeführten, flächendeckenden landesweiten Monitorings in Baden-Württemberg werden seit 1965 Verbreitung, Bestand und Reproduktion beider Arten erfasst. Nachdem sich in Baden-Württemberg die Bestandsgrößen beider Spezies in den vergangenen zwei Jahrzehnten angenähert haben, hat sich die Differenz zwischen beiden Populationen 2018 wieder etwas erhöht. Die Verbreitung und der Brutverlauf der Wanderfalken 2018 in Baden-Württemberg lassen sich als Folge der Überlagerung verschiedener Prozesse auf Populationsebene des Hauptprädators Uhu sowie externer abiotischer Faktoren erklären. Grundsätzlich lassen sich anhand der rezenten Bestandsentwicklung die Grundzüge der Areal- und Habitatanpassungen erkennen, die als konsequente Reaktion der Wanderfalkenpopulation auf die fortschreitende Ausbreitung der Uhus interpretiert werden können.

Der nächste Vortrag von Andreas Kämpfer-Lauenstein aus Geseke behandelte das Thema „40 Jahre Rauhfußkauz-Monitoring“ im Arnsberger Wald in Nordrhein-Westfalen. Von 1979 bis 2019 wurde eine Rauhfußkauz-Population im Arnsberger Wald mittels Rufbestandsaufnahmen, Brutkontrollen und Beringung möglichst aller Jung- und Altvögel untersucht. Aufgrund der hohen Abhängigkeit von der Hauptbeutetierart Waldmaus unterscheiden sich die Bestandszyklen des Rauhfußkauzes im Arnsberger Wald von denen anderer Teilpopulationen, die besonders von Wühlmaus-Gradationen beeinflusst werden. Im Verlauf der letzten 40 Jahren haben die Rauhfußkäuze die angebotenen mardersicheren Nistkästen immer seltener genutzt. Gleichzeit stiegen in dieser Zeit der Bestand des Schwarzspechtes und die Zahl der Schwarzspechthöhlen stark an. Die früher typischen irruptiven Bestandsanstiege in einzelnen Jahren wurden immer seltener und der Brutbestand schwankt inzwischen nicht mehr so stark, bleibt eher auf niedrigem Niveau stabil.

Ein Vortrag von Ubbo Mammen aus Halle (Saale) behandelte das Thema “Bestandstrends der Eulen Deutschlands“. Auf der Grundlage der Datenbank des Forschungsprojektes MEROS (Monitoring Greifvögel und Eulen Europas) wurde die Bestandsentwicklung von Schleiereule, Uhu, Steinkauz, Waldkauz, Waldohreule, Rauhfußkauz von 1988 bis 2016 in Deutschland dargestellt und diskutiert. Der Vortrag ist auch ein Plädoyer für systematische Bestandserfassungen und ein Aufruf an die Mitglieder der AG Eulen, sich dem Projekt anzuschließen.

Nach der Kaffeepause berichtete Ulrich August aus Sebnitz über die Eulen im Nationalpark „Sächsische Schweiz“. Im Nationalpark kommen regelmäßig Rauhfußkauz, Sperlingskauz, Waldohreule, Uhu und Waldkauz vor. Nachweise von Schleiereule, Steinkauz und Sumpfohreule gelangen nur als Beutetiere von Habicht und Uhu, doch brüteten die ersten beiden Arten früher in der Umgebung des Nationalparks. Herr Augst gab Einschätzungen zur Siedlungsdichte der dort reproduzierenden Eulenarten.

Erstmalig im Rahmen der Jahrestagung der AG Eulen referierte Yehor Yatsiuk aus der Ukraine über sein Thema: „Waldkauz-Monitoring in der Kharkiv-Region einschließlich Homilsha Forest Nationalpark, Ukraine“. Der Vortrag fand auf Englisch statt, Frau Dr. Kohl übersetzte dankenswerter Weise. Der Waldkauz ist die einzige Eulenart, die die Wälder in der Ostukraine besiedelt. Das Monitoring beinhaltete Vogelzählungen, Nistkastenkontrollen und Kontrolle aller bekannten Baumhöhlen im Homilsha Forest Nationalpark, diese wurden seit 2009 kontrolliert.

Danach gab es eine weitere Premiere auf der Jahrestagung. Der Referent Jonathan Haw aus Johannesburg (Südafrika) musste aus privaten Gründen seine Teilnahme absagen. Dafür organisierte Frau Dr. Kohl eine Skype-Verbindung nach Südafrika. Herr Haw berichtete über den Eulenschutz und Bildungsarbeit in Südafrika und über die Erfolge von 20 Jahren Township Owl Project (owlproject.org). Das Owlproject.org bewegte viel für den Eulenschutz, insbesondere auf der sozialen und gesellschaftlichen Ebene. Es genießt internationale Anerkennung und kooperiert mit dem Wildnisgebiet Dürrenstein.

In den Pausen und besonders nach dem letzten Vortragsblock hatten die Tagungsteilnehmerinnen und –teilnehmer Gelegenheit, sich die im Foyer ausgestellten Eulenbilder anzuschauen und zu bewerten. Am Fotowettbewerb beteiligten sich 27 Fotografen mit 73 Fotos. Als Siegerbild wurde das Foto von Stefan Schawo „Steinkauz mit Buntspecht“ ausgewählt. Die fünf bestplatzierten Fotos können auf der Homepage der AG Eulen – angeschaut werden. Herzlichen Dank allen, die sich am Wettbewerb beteiligt haben bzw. allen, die eine Bewertung der Bilder vorgenommen haben.

Ergänzend wurde im Foyer das Poster von Dr. Christian Harms ausgestellt zum Thema: Was bedeutet die Elektrifizierung der Kaiserstuhlbahn für den Uhu Bubo bubo?

Ein weiteres Poster von Dr. Christian Harms, Josef Hipp und Siegfried Hilfinger behandelt die Konkurrenz von Gänsesäger Mergus merganser und Uhu Bubo bubo um eine Bruthöhle am Kaiserstuhl – Die Auseinandersetzungen 2018 und 2019 im Vergleich.

Am Samstagabend fand die jährliche Mitgliederversammlung (MV) satt. Verlauf und Ergebnisse sind in diesem Heft publiziert.

Zum Abschluss der Tagung fand am Sonntagvormittag bei gutem Wetter in der näheren Umgebung von Bad Blankenburg eine Exkursion statt. Die Führung übernahmen Dr. Jochen Wiesner und Wilhelm Meyer, die uns in einer Muschelkalklandschaft Lebensräume von Schwarzspecht, Rauhfußkauz und Sperlingskauz zeigten. Ihnen beiden danke ich sehr herzlich für die fachlich hervorragende und eindrucksvolle Exkursionsführung. Alle Exkursionsteilnehmerinnen und –teilnehmer fuhren dann zufrieden mit vielen neuen Eindrücken nach Hause.

Die nächste Jahrestagung der AG Eulen wird vom 23. bis 25. Oktober 2020 in Münster (Westfalen) stattfinden. Der Vorstand und Beirat der AG Eulen freut sich, viele Eulenfreunde und Mitglieder der AG Eulen auf der nächsten Jahrestagung 2020 in Nordrhein-Westfalen begrüßen zu dürfen. Bleiben Sie gesund und haben Sie weiterhin viel Freude an der Beobachtung der heimischen Eulenwelt.

Michael M. Jöbges

Die Tagungsteilnehmer
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