BERGMANN H-H 2015: Die Federn der Vögel Mitteleuropas- Ein Handbuch zur Bestimmung der wichtigsten Arten. Aula-Verlag Wiebelsheim: 632 S. (377 Farbabbildungen und 259 Feder-Tafeln),
ISBN 978-3-89104-784-2
Wer hat nicht schon einmal auffällige Federn gefunden oder vorgelegt bekommen und konnte nicht mit Sicherheit sagen, von welcher Vogelart diese stammen. Zwar sind Eulenfedern sehr leicht an ihrer samtigen Oberfläche zu erkennen, doch die ähnlichen Federmuster verwandter Kauz- oder Ohreulenarten geben durchaus Rätsel auf. Doch unsere Unsicherheiten, vor allem bei der Bestimmung von Konturfedern seltener Arten, können nunmehr ausgeräumt werden: Die Antwort liefert ein einzigartiges Handbuch, das erst kürzlich von Hans-Heiner Bergmann herausgebracht worden ist und fast ausschließlich auf seiner umfangreichen, bereits als Schüler begonnenen Federsammlung beruht. Die Titelseite des gewichtigen Werkes zieren übrigens die attraktiven Federn einer Sumpfohreule.
Mit Hilfe des nunmehr vorliegenden Handbuchs lassen sich recht zuverlässig die Federn von 298 in Mitteleuropa vorkommenden Vogelarten bestimmen. Es werden aber auch die Grenzen der Bestimmbarkeit von Vogelfedern und insbesondere von solchen des Kleingefieders nicht verschwiegen. Von Bartgeier bis Zaunkönig sind immerhin die wichtigsten Brutvögel und Durchzügler berücksichtigt. Natürlich fehlen streng auf Südeuropa begrenzte Vogelarten, aber bei einigen ehemals auch in Deutschland vorkommenden Arten wie etwa der Zwergtrappe hätte man sich durchaus auch Federabbildungen zum Vergleich gewünscht.
Das Handbuch ist ausgesprochen klar und übersichtlich gegliedert. Die 17 Seiten umfassende Einführung gibt grundlegende Hinweise, wie man eine Federsammlung anlegt und pflegt, zum Bau der Flügel von Sing- und Nichtsingvögeln und zur Mauser des Federkleids sowie zur rechtlichen Einstufung des Federnsammelns. Letzteres ist durchaus angebracht, zumal gerade in jüngster Zeit Artenschutzbelange stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt sind.
Es folgt die mehr als die Hälfte des Buches umfassende Darstellung der einzelnen Arten in systematischer Reihenfolge. Jedes Artkapitel beginnt mit einer ausführlichen Beschreibung der Federmerkmale, insbesondere auch der Federmaße, gefolgt von Ausführungen zu Vorkommen und Mauserverlauf sowie zu ähnlichen Arten, deren Federn zu Verwechslungen führen könnten. Jedes Vogelporträt ist mit einem kleinformatigen Foto illustriert, das auch auf der dazu gehörenden Federtafel - mitunter gespiegelt - abgebildet ist, und am Ende des jeweiligen Arttextes steht immer ein farblich markierter Hinweis zur entsprechenden Federtafel, der das Nachschlagen im hinteren Tafelteil sehr erleichtert.
Die auf 262 Seiten abgedruckten, farbig hochwertigen Federtafeln haben ein einheitliches Grundschema: Auf hellgrauem Grund sind unter- bzw. nebeneinander eine oder zwei der äußeren (bei Singvögeln selten die kleine H10) und die innerste Handschwinge (H1) sowiezwei bis drei Armschwingen (A1 … A10) und eine Schirmfeder (Sch) abgebildet.Senkrecht dazu liegen die äußerste (St6) und innerste Steuerfeder (St1). Bei einzelnen Arten gibt es Abweichungen der Federauswahl, selten werden auch charakteristische Flankenfedern abgebildet, z. B. bei einigen Hühnerarten. Typische Federn des Kleingefieders hätten mitunter ebenfalls gezeigt werden können, insbesondere wenn sie leicht einer Art zuzuordnen sind, wie etwa solche vom Haselhuhn, die man oftmals in Sandbadekuhlen finden kann. Die Qualität der Farbtafeln ist recht gut, aber auch unterschiedlich. Das liegt daran, dass die Federn eingescannt wurden. Gerade bei Kleinvogelfedern, die oft fein nuancierte Braun- und Grautöne haben (z. B. Rotkehlchen, Grasmücken oder Meisen) und bei denen für die Bestimmung ein schmaler heller Federsaum entscheidend sein kann, sind mitunter nicht so gut abgebildet.
Am unteren Tafelrand befindet sich eine kurzgefasste Beschreibung der abgebildeten Federn. Der Abbildungsmaßstab variiert, vor allem bei den Konturfedern sehr großer Vogelarten. Angegeben sind immer 10 cm, jedoch ist kaum verständlich, warum auch bei Kleinvögeln wie etwa Laubsängern, Meisen und Goldhähnchen die ohnehin kleinen Federn noch auf 2/3 ihrer natürlichen Größe verkleinert worden sind. Beim Zaunkönig ist so der graue Tafelteil auf etwa 95 % der nutzbaren Fläche leer! Bei den kleineren Singvögeln wurden -wohl um den Druckraum besser zu nutzen - teilweise zwei Arten auf derselben Seite dargestellt. Insgesamt sind auf den 262 Tafeln etwa 2000 verschiedene Federn abgebildet, was eine nicht hoch genug einzuschätzende Leistung des Buchautors darstellt.
Nach dem äußerlich bereits erkenntbaren Tafelteil folgt ein umfassendes Glossar, in dem alle einschlägigen Begriffe und Fachtermini ausführlich erläutert werden. Mit einem Verzeichnis von Internetadressen zur Federbestimmung, einer knappen Auflistung wichtiger Literaturquellen und einem Register für Arten und Federtafeln schließt das beeindruckende Werk ab.
Das Handbuch stellt mit seiner breiten Artengarnitur bereits jetzt eine wichtige Bestimmungshilfe der Federn unserer mitteleuropäischen Vögel dar. Der Unkundige wird viele Federn anhand der Maßangaben im Text oder mit Hilfe der Farbtafeln bestimmen können und dem Fortgeschrittenen kann das Werk bei der Nachbestimmung unsicherer Federaufsammlungen ausgesprochen hilfreich sein. In seiner Vollständigkeit füllt es eine bislang schmerzlich bestehende Lücke in der Federbestimmungsliteratur. Es ist dem Handbuch zur Bestimmung der Federn mitteleuropäischer Vögel daher eine weite Verbreitung zu wünschen.
Jochen Wiesner
Quelle: Eulen-Rundblick 66
CIEŚLAK, M.
2017: Feathers of European owls. Insights into species ecology and identification.- Oriolus Publishing House, Uppsala, 206 S.
JENRICH J, LÖHR P-W & MÜLLER F mit einem Beitrag von J LANG
2010: Kleinsäuger. Körper- und Schädelmerkmale, Ökologie. Beitr. Naturkde Osthessen Bd. 47, Suppl. 1, Michael Imhof Verlag Petersberg, 240 Seiten mit 349 Abbildungen (Strichzeichnungen sowie Schwarz-Weiß- und Farbfotos), Hardcover, ISSN 0342-5452, ISBN 978-3-86568-147-8 sowie ein Bildbestimmungsschlüssel für Kleinsäugerschädel aus Gewöllen. Beitr. Naturkde Osthessen Bd. 47, Suppl. 2, 48 Seiten mit zahlreichen Schädelzeichnungen, Broschur DIN A4, ISSN 0342-5452-47-2
Wer als Nicht-Kleinsäugerspezialist das umfangreiche, ansprechend gestaltete Buch und den handlichen Bestimmungsschlüssel in die Hand nimmt, ist über die enorme Informationsfülle und detailgenauen Darstellungen der Knochenmerkmale überrascht. In dem großformatigen Buch werden alle 34 in Deutschland aktuell vorkommenden Kleinsäugerarten – und dazu zählt auch der Bisam - anhand ihrer Körper- und Schädelmerkmale vorgestellt. Darüber hinaus finden auch die verschollene Bayerische Kurzohrmaus und die an unser Gebiet östlich angrenzende Zwergwaldmaus Berücksichtigung.
Nach einer einführenden Darstellung der Rolle der Kleinsäuger in mitteleuropäischen Ökosystemen von JOHANNES LANG folgen Bemerkungen zu den Zeichnungen, die in bekannter Exaktheit von Dr. FRANZ MÜLLER anhand originaler Schädel neu angefertigt wurden, Hinweise zum Messen und Wiegen sowie über Gewölle und deren Analyse. In Kapiteln zu Lebensraum, Lebensweise, Verhalten, Fortpflanzung und Nahrung wird die Ökologie der Kleinsäugerarten behandelt. Die Bestimmungsmerkmale werden in den speziellen, 3-8 Seiten umfassenden Artbeiträgen ausführlich dargestellt und je nach Erfordernis mit zahlreichen Strichzeichnungen illustriert. Jedes Artkapitel, aber auch die zu den Ordnungen oder Familien einleitenden Ausführungen enthalten am Ende ein Verzeichnis der verwendeten Literatur.
Bei der Schermaus wird die aktuell in der Wissenschaft diskutierte Auftrennung in zwei Arten nicht berücksichtigt, da verlässliche genetische und serologische Untersuchungen dazu noch ausstehen. Auch wegen der bei der Hausmaus vorkommenden Hybridisierung haben die Autoren die Trennung in zwei unterschiedliche Arten offen gelassen und sind nach der aktuellen Literatur bei zwei Unterarten geblieben. Zu den verschiedenen Kleinsäugerarten werden keine Verbreitungskarten gebracht, dazu wird auf die entsprechende faunistische Literatur verwiesen.
Im Anhang befinden sich spezielle Literaturverzeichnisse über Kleinsäuger allgemein, Faunen und Bestimmungswerke, des Weiteren eine dreisprachige Artnamensliste und auf sieben Seiten detaillierte Begriffserklärungen und großformatige Strichzeichnungen von Schädel-, Knochen- und Körpermerkmalen. Der Anhang enthält auch einen dichotomen Schlüssel, mit dem erwachsene Tiere anhand äußerlich feststellbarer Merkmalen relativ schnell bestimmt werden können, und schließt mit mehreren Farbtafeln, auf denen die 34 Kleinsäugerarten und auch die beiden im Text behandelten Unterarten der Hausmaus groß abgebildet sind.
Für die praktische Bestimmungsarbeit von Kleinsäugerschädeln aus Eulengewöllen ist eine separat zu bestellende Broschüre im handlichen DIN A5-Format gedacht. In ihr werden die Ausführungen über die Gewölle und deren Analyse, wie sie auf S. 17-20 des Hauptwerkes zu finden sind, gleichlautend wiederholt. Der daran anschließende Zugangsschlüssel gestattet die Bestimmung der Arten anhand verschiedener Schädelmerkmale und bei einigen Kleinnagern sogar eine Geschlechtsbestimmung anhand der Beckenknochen.
In dieser kompakten Vollständigkeit ist mir kein vergleichbares Werk im deutschsprachigen Raum bekannt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die 1. Auflage in Höhe von 700 Exemplaren bereits vergriffen ist. Allen ernsthaft an der Gewölleanalyse interessierten Personen kann dieses Werk nur wärmstens empfohlen werden, und es ist zu hoffen, dass sich der Imhof-Verlag sehr bald zu einer 2. Auflage entschließt.
Jochen Wiesner