Die Neue Züricher Zeitung zeigte am 5.4.2018 eine eindrucksvolle Bilderstrecke zum Schutz des Uhus an Mittelspannungsleitungen.
Ernst Kniprath
16.02.2018
Alle Fotos aus: Aargau 2012: webcam-Aufnahme. Kanton Aargau, Departement Bau, Verkehr & Umwelt, Abteilung Landschaft & Gewässer, Entfelderstrasse 22, CH 5001 Aarau www.ag.ch/alg
NACHRUF
(08. März 1930 - 24.Juli 2017)
Unsere Eulen haben einen ihrer engagiertesten, kenntnisreichsten und liebenswürdigsten Fürsprecher verloren. Wir trauern um Dr. Theodor Mebs.
Theodor Mebs wurde am 8. März 1930 in Würzburg geboren und wuchs als ältestes Kind der Pfarrleute Gertrud und Rudolf Mebs in Castell/Steigerwald in Unterfranken auf.
Von frühester Jugend an interessierte er sich für die Vogelwelt. Angeregt durch sein erstes Vogelbuch „Die Raubvögel der Heimat“ von Dr. h.c. Otto Kleinschmidt, welches er sich bereits im Alter von 12 Jahren kaufte, wurde schon sehr früh sein besonderes Interesse für Greifvögel (und später auch für Eulen) geweckt. Bedingt durch die Folgen des 2. Weltkrieges konnte er nach Kriegsende fast 1 ½ Jahre nicht zur Schule gehen. In dieser Zeit durchstreifte er fast täglich die Wälder in der Umgebung, erkletterte die Horstbäume von Mäusebussarden und Rotmilanen, Turmfalken, Habichten und Sperbern und fand im August 1945 seinen ersten besetzten Wespenbussardhorst.
Bereits zu der Zeit hielt er alle ornithologischen Beobachtungen und Informationen in Tagebüchern fest, eine Gewohnheit, der Theodor Mebs bis zum Schluss treu geblieben ist.
Ab dem Herbst 1946 besuchte Theodor Mebs das Gymnasium in Bamberg. Hier wurde sein besonderes Interesse an der Vogelwelt von seinem Biologielehrer gefördert, der ihm Wanderfalken- und Uhu-Brutplätze in der Fränkischen Schweiz zeigte. Diese beiden Vogelarten wurden so zu seinen Lieblingsvögeln´, mit denen er sich zeitlebens am intensivsten beschäftigt hat.
So lag es nur nahe, dass nach dem Abitur 1949 seinen Neigungen entsprechend an der Hochschule Bamberg mit dem Studium der Biologie, Chemie und Geographie begann und die Studien dann an den Universitäten Freiburg/Breisgau und München fortsetzte. Auch hier wurde seine Begeisterung für Greifvögel schnell erkannt und besonders gefördert, vor allem von Herrn Dr. Gerd Dieselhorst, dem ornithologischen Kustos an der Zoologischen Staatssammlung in München, der ihn 1957 zu einer Dissertation über den Mäusebussard ermutigte. In den folgenden Jahren führte Theodor Mebs intensive Freiland-Untersuchungen für seine Dissertationsarbeit über Räuber-Beute-Verhältnisse durch, die den Titel trug „Untersuchungen zur Biologie und Populationsdynamik des Mäusebussards (Buteo buteo) unter besonderer Berücksichtigung der Abhängigkeit vom Massenwechsel der Feldmaus (Microtus arvalis)“. 1963 schloss erseine Promotion in München ab.
Bereits 1950 beantragte er bei der Vogelwarte Radolfzell eine Beringungserlaubnis, insbesondere für den streng geschützten Uhu. Diese erhielt er von Dr. R. Kuhk ohne weitere Rückfragen, worauf er in den folgenden Jahren zahlreiche Uhus und andere Eulenarten sowie Greifvögel und Weißstörche beringte. Im Jahre 1953 veröffentlichte Theodor Mebs seine erste ornithologische Arbeit, einen faunistischen Beitrag über den Uhu in der Fränkischen Schweiz.
1960 folgte er einem Angebot von Dr. H. BRÜLL und wurde Lehrer für Landschaftskunde an der Kurzschule Weißenhaus an der Ostsee. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, jungen, heranwachsenden Menschen die Natur und ihre vielfältigen Zusammenhänge, auch unsere menschliche Abhängigkeit von einer intakten Umwelt, anschaulich „in freier Natur“ nahe zu bringen.
Sehr bald schon betätigte sich Dr. Mebs auch als Sachbuchautor. Bereits 1964 erschien im Kosmos-Verlag in Stuttgart sein erstes Buch „Die Greifvögel Europas und die Grundzüge der Falknerei“. Mit diesem Werk sowie auch dem wenig später erschienenen Buch „Eulen und Käuze“ hat er diese Vogelfamilien einem breiten Leserpublikum in verständlicher, geradezu fesselnder Weise nahegebracht. Für viele, vor allem junge Ornithologen, waren diese Bücher oftmals die Einstiegslektüre in den Vogel- und Naturschutz. Entsprechend wurden diese Bücher in den folgenden Jahren nicht nur mehrfach aufgelegt, sondern inhaltlich auch völlig überarbeitet.
Am 1. Oktober 1970 begann Dr. Mebs seinen Dienst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der damals noch eigenständigen Staatlichen Vogelschutzwarte des Landes Nordrhein-Westfalen´. 1975 wurde die Vogelschutzwarte in die neugegründete LÖLF integriert und als Fachgebiet „Angewandte Ornithologie (Vogelschutzwarte)“ im Organisationsplan eingebaut. Nach der Pensionierung von Herrn Dr. W. Przygodda im Jahre 1978 wurde Theodor Mebs die Leitung dieses Fachgebietes übertragen.
Gemäß seinen speziellen Interessen für Greifvögel und Eulen hat er sich an der Vogelschutzwarte in Essen vor allem um diese Vogelgruppen und die Verbesserung ihres Schutzes gekümmert. Viele Greifvögel hatten damals noch eine begrenzte Jagdzeit, durften also legal geschossen, gefangen oder ausgehorstet werden. Daneben gab es auch viele illegale Aushorstungen, vor allem bei bestandsgefährdeten Arten. Um diese Aktivitäten zu verhindern oder zumindest zu erschweren, hat sich Dr. Mebs intensiv um die Kontrolle der privaten Haltungen von Greifvögeln und Eulen, sowie anderen geschützten Vogelarten bemüht und 1974 die Einführung einer individuellen Kennzeichnung von Greifvögeln und Eulen in Gefangenschafthaltungen erreichen können. Es gelang ihm außerdem, die Einrichtung von zehn, mit staatlichen Mitteln geförderten speziellen Pflege- und Ausgewöhnungsstationen in Nordrhein-Westfalen zu initiieren, in denen verletzte, vor allem aber illegal gehaltene und dann beschlagnahmte Greifvögel und Eulen gesund gepflegt und wieder auf ein Leben in freier Natur vorbereitet wurden.
Besondere Schutzbemühungen von Dr. Mebs galten neben den Greifvögeln Uhu, Schleiereule, Steinkauz und Rauhfußkauz (Beim ´Rauhfußkauz´ haben wir bewusst die alte Schreibweise gewählt, da Theodor Mebs die neue Schreibweise ohne ´h´ nie akzeptiert hat). Gleichzeitig engagierte er sich für Lebensraumverbesserungen für Weiß- und Schwarzstorch oder Haselhuhn um nur einige weitere, in ihrem Bestand gefährdete Arten zu nennen.
Von ganz besonderer Bedeutung für die Arbeit der Vogelschutzwarte und damit für den Schutz der Vogelwelt waren der Ausbau des Netzes der ehrenamtlichen Mitarbeiter der VSW, den „Vertrauensleuten für Vogelschutz“ und deren Betreuung durch Herrn Mebs. Die Ermittlung umfangreicher Bestandsangaben sowie die Umsetzung von Schutzmaßnahmen waren nur in enger Zusammenarbeit mit diesen ehrenamtlichen Natur- und Vogelschützern möglich.
Am 31. März 1995 trat er dann in den altersbedingten „amtlichen“ Ruhestand. Kurze Zeit später zog es ihn wieder in seine alte Heimat Castell.
Doch auch nach dem Eintritt in das „Rentenalter“ hat Theodor Mebs nicht die Hände in den Schoß gelegt. Bei guter Gesundheit, nicht zuletzt aufgrund der guten Versorgung durch seine liebe Frau Anna, arbeitete er tagtäglich an seinen Projekten. Bereits im Jahr 2000 erschien - wiederum im Kosmos-Verlag - das großformatige Buch „Die Eulen Europas. Biologie, Kennzeichen, Bestände“, das er gemeinsam mit Dr. Wolfgang Scherzinger verfasste. Dieser Prachtband (und seine weiteren, aktualisierten Auflagen) sind weit mehr als ein Nachschlagewerk. Der profunde Text und die faszinierenden Momentaufnahmen und Fotostudien der Eulen machen es zu einem Hochgenuss! Über 300 gestochen scharfe zum Teil ungewöhnliche Farbfotos porträtieren die Eulen in allen Altersstufen, einschließlich der Nestlinge und Ästlinge. Detailgetreue, erklärende Strich-Zeichnungen verdeutlichen Verhalten und spezielle Erkennungsmerkmale der Vögel.
Im Jahre 2006 erschien in ähnlich fesselnder Aufmachung dann sein Buch: „Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens“, das er gemeinsam mit Dr. Daniel Schmidt, dem Leiter des Vogelschutzzentrums Mössingen (Baden-Württemberg) verfasst hat. Auch hier ist die Informationsfülle überwältigend.
Die Gesamtzahl seiner ornithologischen Veröffentlichungen übersteigt inzwischen die Zahl 110, wobei sich allein rund 40 Arbeiten mit Eulen beschäftigen.
Wir Autoren dieses Nachrufs hatten das Glück, viele Jahre mit Dr. Theodor Mebs zu verbringen, sei es als Mitarbeiter, Kollege oder Freund. Wir haben ihn kaum einmal schlecht gelaunt erlebt. Seine optimistische Lebenseinstellung hat immer zu einer angenehmen, freundschaftlichen Atmosphäre geführt. Theodor Mebs hat nie die Ellenbogen gebraucht, um zu „überzeugen“. Er hat vielmehr geduldig mit hohem Fachwissen, reicher Lebenserfahrung argumentiert. Auch überzeugte er mit viel Humor, um so seine Ziele zu erreichen. Nie stand der persönliche Vorteil im Vordergrund, immer ging es ihm um die Sache, etwas für die Vogelwelt und den Artenschutz zu erreichen.
Einige wenige haben das nie richtig verstanden, doch auch das hat ihn nie gestört; er ist unbeirrt seinen Weg gegangen. Auch hat er nie nach öffentlicher Anerkennung gestrebt, sondern lieber bescheiden im Hintergrund gewirkt. Immer hatte er ein offenes Ohr für andere. Bis ins hohe Alter pflegte er seine zahlreichen Kontakte zu Kollegen im In- und Ausland. So stand er beispielsweise in einem intensiven fachlichen Austausch, insbesondere mit Prof. Dr. Wolfgang Scherzinger, Dr. Jochen Wiesner, Hubertus Illner, Dr. O. Schwerdtfeger, Ernst Vilter, Edmund Abel, Reinhard Brendel, Alfons Förstel (†) und immer wieder gerne mit uns Autoren.
Unter den Greifvogel- und Eulenleuten war sein Netzwerk legendär, der intensive Informationsfluss kam jeder Neuauflage seiner Buchwerke zugute. Wer ihn näher kannte, schätzte nicht nur sein reiches Wissen, sondern ebenso seine große Hilfsbereitschaft und die menschliche Wärme, die von ihm ausging.
Ein besonderes Anliegen von Theo Mebs war die Förderung von Nachwuchskräften, Ornithologen und Artenschützern. Beispielsweise haben Wolf Lederer, Andreas Kämpfer-Lauenstein, Wilhelm Bergerhausen, Christiane Geidel, Daniel Scheffler, Alexander Brehm, Mathilde und Wilfried Limpinsel, Winfried Rusch, Otto Kimmel, Doris Sonneborn, Werner Daus, Heinz Gerhard Pfenning, Thomas Rasche, Karl-Heinz Dietz, Artur Franz (†), Dr. Hartmut Müller, Harald Busch und Stefan Junge von seinen vielfältigen fachlichen Tipps und Empfehlungen profitiert, um nur wenige Personen zu nennen.
Jeder von uns dreien hatte auch die Möglichkeit, Theo auf Reisen zu begleiten. Dabei profitierte man von seinen fachlichen Erfahrungen, seinen gut organisierten Kontakten und seinen munteren Erzählungen. Mittags musste eingekehrt werden, abends stand das gemütliche Zusammensein im Vordergrund. Gab es keine Greifvögel oder Eulen zu sehen, fehlte ihm etwas, dann wurde umso mehr erzählt.
Die Nordrhein-Westfälische Ornithologengesellschaft hat die Verdienste von Theodor Mebs um die Vogelwelt in Nordrhein-Westfalen mit der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft und des NWO-Preises sowie der Widmung eines Schwerpunktheftes im Charadrius 2010 anlässlich der Vollendung seines 80. Lebensjahres gewürdigt.
Theo Mebs wird nach den Unterlagen seit 01.01.1978 als Mitglied in der AG Eulen geführt. Er war praktisch von Anfang an dabei und erreichte so 39 Jahre Zugehörigkeit in der AG Eulen. 2010 wurde er zusammen mit dem zu frühverstorbenen Wilhelm Bergerhausen(†) in die Ehrentafel aufgenommen.
Am 24. Juli 2017 ist ein reich erfülltes Leben zuhause in Castell friedlich zu Ende gegangen. Kollegen und Freunde sowie die AG Eulen werden Theodor Mebs sehr vermissen, sie werden sich immer gerne und in Dankbarkeit an ihn erinnern. Der Tod von Theodor Mebs ist nicht nur für die AG Eulen ein großer Verlust, sondern ganz allgemein auch für den Eulenschutz in Deutschland und Europa.
Bernd Conrad, Michael Jöbges und Joachim Weiss, im September 2017
Erweiterte Fassung eines Beitrags zu der 32. Jahrestagung der AG Eulen am 29. Oktober 2016 in Kloster Schöntal/Baden-Württemberg
Eulen-Rundblick Nr. 67 – Mai 2017 Seiten 25-30
von Wilhelm Breuer
I. Vorbemerkung
In Deutschland stehen mehr als 26.000 Windenergieanlagen (WEA). Allein im ersten Halbjahr 2016 kamen 782 hinzu. Mag der Ausbau in Schleswig- Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen vielleicht wie aktuell geplant gedrosselt werden, in den anderen Bundesländern wird er sich verstärken. Der bisherige Ausbau fällt in vielen Regionen mit einem Bestandszuwachs des Uhus zusammen. Ist also schon deswegen der Ausbau für Uhus problemlos, wie die Windenergiewirtschaft behauptet? (Vgl. Abo Wind AG 2015.)
So einfach ist die Sache nicht. Die Zulassung von WEA verstößt nämlich gegen artenschutzrechtliche Verbote nicht erst dann, wenn die Auswirkungen ein populationsgefährdendes Maß erreichen. Das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) verbietet vielmehr bereits das Töten des einzelnen Individuums besonders geschützter Arten. Besonders geschützt sind grundsätzlich alle europäischen Vogelarten, also auch der Uhu.
Untersagt ist nicht nur das willentliche, sondern auch das wissentliche Inkaufnehmen des Tötens. Das Tötungsverbot schließt folglich Kollisionsopfer an WEA ein – allerdings mit einer Einschränkung: Das Verbot schützt das Individuum nicht vor der bloßen Möglichkeit, an den Anlagen zu kollidieren, weil dieses Risiko bei lebensnaher Betrachtung nie ganz ausgeschlossen werden kann. Das Verbot beschränkt sich deshalb auf den Ausschluss eines signifikant gesteigerten Tötungsrisikos. Ein solches Risiko lässt sich nicht wissenschaftlich exakt vorhersagen oder bestimmen. Wann ist das Tötungsrisiko signifikant erhöht?
Das Risiko muss dazu, wie es das Bundesverwaltungsgericht formuliert hat (Urteil des 9. Senats vom 9. Juli 2008 – BVerwG 9 A 14.07), den Risikobereich überschreiten, der im Naturraum stets gegeben ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Individuen einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens (d. h. nicht etwa im Straßenverkehr, an Strommasten usw.) Opfer einer anderen Art oder eines Naturereignisses werden. Das sind Risiken, die allerdings bei einer Art wie dem Uhu kaum gegeben sind, weshalb sich umso mehr die Frage stellt, wo diese Schwelle zwischen einem zufälligen und einem überzufälligen Töten bei dieser Art liegen kann. Die Rechtsprechung zum Signifikanzbegriff wirft eine Reihe weiterer Fragen auf (vgl. Schreiber 2017).
Wenn geplante Rotoren das Tötungsrisiko signifikant erhöhen, können die Anlagen artenschutzrechtlich nur ausnahmsweise und nur bei Ausschöpfen aller Optionen zur Begrenzung des Tötungsrisikos in Betrieb gesetzt werden. Für eine Ausnahme muss das Vorhaben ohne zumutbare Alternative und aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses notwendig sein (§ 45 Abs. 7 BNatSchG). Das sind Voraussetzungen, die WEA zumeist nicht oder nicht ohne weiteres erfüllen.
Die Signifikanzschwelle ist für die Zulässigkeit der Anlagen folglich entscheidend und deshalb so hart umkämpft wie keine andere Grenze im Naturschutzrecht. An ihr messen sich darauf spezialisierte Gutachter mit der Naturschutzverwaltung, die mit dem gesamten Spektrum naturschutzkritischer Nutzungen befasst ist. Im Zweifelsfall muss sie – die Naturschutzverwaltung – überzeugend darlegen, warum das Tötungsrisiko kein allgemeines, sondern signifikant erhöht ist.
Die Rechtsprechung hat zwei Maßstäbe für die Beurteilung als beachtlich herausgestellt:
1. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko ist gegeben, wenn Individuen in großer Anzahl im Einwirkungsbereich der geplanten Anlagen auftreten oder einzelne Individuen diesen Einwirkungsbereich besonders häufig nutzen.
2. Unterschreiten WEA die von der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten empfohlenen artspezifischen Mindestabstände oder werden in einem bestimmten Bereich um das Nest bedeutende Nahrungshabitate oder Flugwege in Anspruch genommen und liegen keine belastbaren anderweitigen Erkenntnisse vor, liegt eine Erhöhung des Tötungsrisikos nahe (LAG-VSW 2015).
II. Argumente der Windenergiewirtschaft
Seitens der Windenergiewirtschaft wird die Möglichkeit eines signifikant gesteigerten Tötungsrisikos für Uhus grundsätzlich in Frage gestellt:
III. Gegenrede
Was können wir dem entgegenhalten?
Die von der Europäischen Kommission 2010 vorgenommene Einstufung des Kollisionsrisikos des Uhus in die mittlere von fünf Risikostufen ist von Hubertus Illner bereits 2012 zu Recht als zu optimistisch kritisiert und das Tötungsrisiko auf verschiedene Kriterien gestützt als sehr hoch eingestuft worden.
IV. Abstandsempfehlungen
Die Länder-Arbeitsgemeinschaftder Vogelschutzwarten (2015) empfiehlt aus gutem Grund, dass WEA zu Uhubrutplätzen einen Abstand von mindestens 1.000 m halten sollen. Die Empfehlungen sehen zudem einen Prüfbereich im 3.000-m-Radius zu Uhubrutplätzen vor. In diesem Prüfbereich sollen bedeutende Nahrungshabitate sowie die Flugwege der Art zwischen diesen Nahrungshabitaten und dem Brutplatz von Anlagen freigehalten werden, weil auch dort das Tötungsrisiko signifikant erhöht sein kann.
Es handelt sich hierbei allerdings nicht um eine gesetzliche Norm, sondern um eine Empfehlung, deren Annahmen im Einzelfall widerlegt werden können. Einem Investor kann deshalb nicht der Versuch verwehrt werden, den Nachweis anzutreten, dass der Betrieb von WEA innerhalb des empfohlenen Mindestabstandes sowie im Prüfbereich ohne signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos möglich ist. Es liegt auf der Hand, dass hierfür Raumnutzungsanalysen erforderlich sind und sich an diese bestimmte Anforderungen richten (Langgemach & Meyburg 2011).
Bedeutende Nahrungshabitate und Flugwege können nur anhand von Raumnutzungsanalysen sicher bestimmt werden. Auf konkrete Beobachtungen gestützte Raumnutzungsanalysen sind wegen der nächtlichen Aktivität von Uhus bzw. der deswegen schwierigen Beobachtungsbedingungen aber nur schwer möglich. Selbst die für das Abbilden der wichtigsten Nahrungshabitate und Flugwege erreichbare Anzahl Sichtbeobachtungen dürfte für abschließende Aussagen eher zu gering sein.
Die Ergebnisse von Raumnutzungsanalysen stehen zudem unter dem Vorbehalt, dass sich z. B. die Nahrungssituation in Folgejahren deutlich anders darstellen kann und somit auch die Raumnutzung der Uhus. Damit sind die Ergebnisse einer Raumnutzungsanalyse nicht bereits an sich wertlos. Eine seriöse Interpretation der Ergebnisse aus Raumnutzungsanalysen wird die Variabilität der Bedingungen von Folgejahren aber zumindest einbeziehen müssen. Die Praxis geht hingegen oft von einer Starrheit der Vorkommen aus, die jeder Erfahrung widerspricht und die Brutpaare auf Plätze gleichsam fixiert, ohne Chance, auf natürliche oder anthropogene Veränderungen (etwa eines Klimawandels) anders als mit einem Verschwinden reagieren zu können.
Deswegen sollten die in Frage kommenden Nahrungshabitate zweckmäßigerweise unter Plausibilitätsgesichtspunkten abgegrenzt und vorsorglich nicht in Anspruch genommen werden. Dazu zählen offene und halboffene Bereiche sowie Bereiche entlang von Grenzlinien wie Waldränder, Gehölzsäume, Wasserläufe und Gräben. In diesem Zusammenhang kommt Grünlandstandorten eine besondere Bedeutung zu. Solche Bereiche sollten im Umkreis von 3.000 m um Uhubrutplätze generell von WEA freibleiben.
Dazu ist die Windenergiewirtschaft allerdings kaum bereit. Stattdessen präsentiert sie Raumnutzungsanalysen, die belegen sollen, dass die geplanten Anlagen an den jeweiligen Standorten ohne ein für Uhus signifikant erhöhtes Tötungsrisiko betrieben werden können, allerdings ohne dabei in jedem Fall überzeugend zu sein.
Es gehört zu den Besonderheiten des Konfliktes, dass nicht alle Länderumweltministerien sich die Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten, also ihrer eigenen Fachdienststellen, vollumfänglich zu eigen machen. Nordrhein-Westfalen beschränkt sich beispielsweise beim Uhu auf den empfohlenen Mindestabstand von 1.000 m und lässt den empfohlenen 3.000-m-Prüfbereich unbeachtet (MKULNV & LANUV 2013).
V. Sind Telemetriestudien eine Lösung?
Für die Windenergiewirtschaft tätige Gutachterbüros wollen mit weiteren Telemetriestudien Licht ins Dunkel der Raumnutzung von Uhus bringen. Angesichts der Gewinne der Branche spielen für sie die Kosten solcher Untersuchungen keine Rolle. So interessant die Erkenntnisse, die solche Studien liefern können, auch sein mögen, die Bestrebungen sollten einer kritischen Analyse unterzogen und nicht voreilig unterstützt werden – aus folgenden Gründen:
Eine Telemetrierung sollte nur aus wissenschaftlichen Erwägungen und nicht aus Anlass konkreter Antragsvorhaben der Wirtschaft gestattet werden und muss an weitere Bedingungen geknüpft sein (Stefan Brücher, unveröffentlicht):
a) Fangversuche sind spätestens zehn Tage vor Brutbeginn einzustellen. Hierbei ist der für die Region früheste bekannte Brutbeginn zugrunde zu legen (in der Eifel ist das der 22.01.), sofern nicht aufgrund der festgestellten Aktivitäten der betreffenden Individuen konkrete Daten vorliegen, die eine Abweichung erlauben.
b) In der Brutzeit dürfen Uhus frühestens gefangen werden, wenn die Jungvögel mindestens 20 Tage alt sind. An Tagen mit extremer Kälte oder Starkregen darf nicht gefangen werden.
c) Zulässig sind nur Fangmethoden, die sich für Uhus als tauglich erwiesen haben. Die Fallen sind ständig unter Kontrolle zu halten.
d) Die Fangvorrichtungen sind, um Störungen am Nest auszuschließen, außerhalb des engeren Nestumfeldes aufzustellen. Dabei ist ein Mindestabstand von 200 m einzuhalten; bei Brutplätzen in Bereichen mit Abbaubetrieb oder vergleichbaren Störungen 150 m. Bei Fangplätzen, die vom Brutplatz aus nicht einsehbar sind, kann der Abstand unterschritten werden. Ist der Brutplatz nicht oder noch nicht bekannt, sind Fangeinrichtungen im potentiellen Bruthabitat unzulässig.
e) Am Vogel angebrachte Sender müssen sich ohne menschliches Zutun nach einer gewissen Zeit zuverlässig lösen. Dass sich der Sender vom Vogel gelöst hat, ist am Ende der Untersuchung nachzuweisen. Gelingt dies nicht, ist der Vogel erneut zu fangen.
f) Mit dem Fang dürfen nur Personen befasst sein, die über ausreichend Erfahrung mit der Handhabung wildlebender Uhus verfügen. Erfahrungen mit dem Fang von Rotmilanen genügen nicht, da diese sich totstellen, Uhus aber sehr wehrhaft reagieren.
Insbesondere in Dichtezentren des Uhus ist keineswegs gewährleistet, dass es sich bei den gefangenen Vögeln um die Brutpartner des örtlichen Paares handelt. Insofern kann es auch geschehen, dass die „falschen“ Vögel gefangen werden und die gewonnenen Aussagen keine oder nur eingeschränkte Schlussfolgerungen erlauben.
VI. Vermeidungspotential nicht überschätzen
Die Windenergiewirtschaft und die für sie tätigen Gutachter verweisen im Übrigen oft auf Maßnahmen, die das Kollisionsrisiko ganz vermeiden oder zumindest unter die Signifikanzschwelle senken sollen. Diese Maßnahmen sind mit Skepsis zu betrachten – aus folgenden Gründen:
In diesem Zusammenhang steht ein „Bundesweiter Katalog von Maßnahmen zur Verhinderung des Eintritts von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen nach § 44 BNatSchG bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen“ der Fachagentur Windenergie an Land (2015). Dieser Katalog ist von der EGE (2015) sowie vom Bundesamt für Naturschutz (2016) kritisiert worden.
Den in der Windenergiewirtschaft problematischen Umgang mit artenschutzrechtlichen Konflikten hat Thomas Krumenacker (2015) in der Zeitschrift „Der Falke“ mit dem Zitat eines Insiders des behördlichen Vogelschutzes auf den Punkt gebracht: „Wir sind uns quer durch die Bundesländer einig: In keinem Bereich wird so viel getrickst wie bei der Windenergie“.
VII. Schlussbemerkung
Die gerne als Erfolgsgeschichte apostrophierte Bestandszunahme des Uhus ist vor allem auf Wiederansiedlungsprojekte und die Überwindung direkter Verfolgung zurückzuführen. Damit wird man sich aber nicht zufriedengeben können, denn die Zunahme des Bestandes einer Art ist für sich allein kein Erfolgskriterium. Denn dass mit der bloßen Zunahme einer Art nicht alles in Ordnung ist, erschließt sich aus einem anderen Zusammenhang. So nimmt die Zahl der Menschen auf der Erde zu und zugleich ist die Lage der Menschheit so dramatisch wie lange nicht.
Eines der Hauptziele des Naturschutzes ist eine vom Menschen ungestörte Entwicklung von Natur und Landschaft. In die Bestandssituation des Uhus greifen jedoch zivilisatorische Phänomene und anthropogene Verlustursachen fortwährend und sich noch verstärkend ein.
Dazu zählen in Deutschland beispielsweise die Ausweitung des Maisanbaus, der schon heute ein Fünftel der Anbaufläche einnimmt, und ein Zuwachs an Windenergieanlagen bis zum Ende der Dekade auf vermutlich deutlich über 33.000.
Literatur
Abo Wind AG 2015: Pressemitteilung Uhu, Schwarzstorch und Rotmilan im Aufwind. www.abo-wind.com/de/pdf/Presse2015/2015-12-07_PM_Voegel.pdf
Breuer W, Brücher S & Dalbeck L 2015: Der Uhu und Windenergieanlagen. Naturschutz u. Landschaftsplanung 47: 165-172
Bundesamt für Naturschutz 2016: Kommentar des Bundesamtes für Naturschutz zur Studie „Vermeidungsmaßnahmen bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen“. Natur und Landschaft 91(4): 192-193
EGE – Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen 2014: Wie kollisionsgefährdet sind Uhus an Windenergieanlagen? Naturschutz und Landschaftsplanung 46(8): 256- 257
EGE – Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (o.D.): Anmerkungen zu einem „Bundesweiten Katalog von Maßnahmen zur Verhinderung des Eintritts von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen nach § 44 BNatSchG“. www.egeeulen.de/files/151128_bundesweiter_katalog.pdf
Europäische Kommission 2010: Guidance Document. Wind energy development and NATURA 2000. Report, October 2010
Illner H 2012: Kritik an den EU-Leitlinien „Windenergie-Entwicklung und NATURA 2000“. Eulen-Rundblick 62: 83-100
Krämer D 2016: Wie hoch fliegen Uhus? Kurzfassung eines Vortrages an der Brandenburgischen Akademie Schloss Criewen am 18.03.2016
Krumenacker T 2015: Etappensieg für den Vogelschutz bei Windkraft. Der Falke 62(4): 48
LAG-VSW – Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten 2015: Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten. Ber. Vogelschutz 51: 15-42
Langgemach T & Meyburg B-U 2011: Funktionsraumanalysen – Ein Zauberwort der Landschaftsplanung mit Auswirkungen auf den Schutz von Schreiadlern (Aquila pomarina) und anderen Großvögeln. Ber. Vogelschutz 47/48: 167-181
Miosga O, Gerdes S, Krämer D & Vohwinkel R 2015: Besendertes Uhu-Höhenflugmonitoring im Tiefland. Dreidimensionale Raumnutzungskartierung von Uhus im Münsterland. Natur in NRW 3/15: 35-39
MKULNV – Ministeriumfür Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen & LANUV – Landesamtfür Natur, Umweltund Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen 2013: Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen. www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/13_11_12_nrw_leitfaden_ arten_habitatschutz.pdf
Schreiber M 2017: Populationsbiologische und naturschutzfachliche Überlegungen zum gesetzlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Natur und Recht 39: 5-12
Sitkewitz M 2007: Telemetrische Untersuchungen zur Raum- und Habitatnutzung des Uhus (Bubo bubo) in den Revieren Thüngersheim und Retzstadt im Landkreis Würzburg und Main-Spessart – mit Konfliktanalyse bezüglich des Windparks Steinhöhe. Endbericht im Auftrag des LBV
Sitkewitz M 2009: Telemetrische Untersuchungen zur Raum- und Habitatnutzung des Uhus (Bubo bubo) in den Revieren Thüngersheim und Retzstadt im Landkreis Würzburg und Main-Spessart – mit Konfliktanalyse bezüglich des Windparks Steinhöhe. Pop.-ökol. Greifvogel- u. Eulenarten 6: 433-459
Staatliche Vogelschutzwarte Brandenburg 2016: Informationen über Einflüsse der Windenergienutzung auf Vögel. Stand 20.09.2016. http://www.lugv.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/vsw_dokwind_voegel.pdf
Dipl.-Ing. Wilhelm Breuer
EGE – Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V.
www.ege-eulen.de
Breitestr. 6
D-53902 Bad Münstereifel
egeeulen@t-online.de
Weiteres zum Thema Windkraft auf ageulen.de hier
Auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Rates für Vogelschutz (DRV) am 28. Oktober 2017 in Münster wurde die AG Eulen einstimmig aufgenommen. Die AG Eulen ist das 19. Mitglied des Verbandes.
Der DRV wurde bereits 1923 in der Weimarer Republik gegründet. 1950 wurde er in der Bundesrepublik neu gegründet. Seit 1961 gibt der DRV die Zeitschrift „Berichte zum Vogelschutz“ heraus.
Ziel des DRV ist der Schutz der Vogelwelt und ihrer Lebensräume auf wissenschaftlicher Grundlage sowie das Eintreten für den Tierschutz einschließlich der praktischen Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf diesem Gebiet. Auf der Homepage des DRV http://www.drv-web.de/ kann man sich darüber genauer informieren.
Als ersten Beitrag zur Arbeit des DRV wird die AG Eulen die Frühjahrstagung 2018 des DRV in der Rhön mitorganisieren.
29.10.2017
Unser Mitglied Karl-Heiz Graef bot dem SWR Fernsehen Einblicke in den Eulenschutz. Der Film wurde am 17.10. um 18:45 Uhr im SWR Fernsehen BW gesendet.
29.10.2017
zum Eulenschutz durch die Arbeitsgemeinschaft Eulenschutz im Landkreis Ludwigsburg des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) – Ortsgruppe Oberstenfeld e.V.
Nähere Informationen unter https://www.ag-eulenschutz.de/förderung/
Eulen-Rundblick Nr. 67 – Mai 2017: Seiten 31-36
von Wolfgang Scherzinger
1 Einleitung
Die Beziehungen zwischen Menschen und Eulen haben sich in der jüngeren Vergangenheit zu Gunsten einer weltoffenen und aufgeklärten Betrachtung dieser hoch spezialisierten Beutegreifer gewandelt, und statt „unheimlicher Nachtgespenster“ erkennen wir in den Eulen wichtige und schützenswerte Glieder unserer Ökosysteme.
Die Faszination, die von den gedrungenen Vögeln mit dem ausdrucksvollen „Gesicht“, ihrem meist seidig weichen Gefieder und dem – für unsere Ohren – lautlosen Flug ausgeht, wird heute aber zunehmend für Geschäftsinteressen missbraucht. Der attraktive Einsatz von lebenden Eulen für Tierschauen, Flugvorführungen oder gar als Streicheltiere wird meist als Information und Aufklärung pro Artenschutz angeboten, ist aber häufig mit tierschutzwidriger Tierhaltung und Präsentation verknüpft. Dieser Beitrag richtet sich nicht gegen eine artgerechte Tierhaltung im Rahmen von Zuchtprogrammen oder Rehabilitation für Forschung und Arterhaltung, sondern gegen einen rasch anwachsenden Trend zum show-business auf Kosten der Gesundheit und Unversehrtheit von Wildtieren.
Die Haltung von Eulen in Gefangenschaft ist komplex, da die arteigenen Ansprüche der großteils dunkelaktiven Vögel an Deckung und Rückzugsmöglichkeit zu berücksichtigen sind sowie bestmögliche Sicherheit vor Rivalen, Konkurrenten oder Fressfeinden zu gewährleisten ist. Da Eulen tagsüber mehr oder minder reglos ruhen, unterschätzen viele Tierhalter den hohen Raumbedarf der meisten Vertreter aus dieser Vogelgruppe während ihrer Aktivitätsphase. Eulen sind durchaus gewandte Flieger, wobei Arten mit reißend-schnellem Flug besonders viel Flugraum benötigen (z. B. Sperlingskauz, Sperbereule). Auch folgt die oft zu beobachtende Haltung von Eulen in dunklen Gewölben oder rundum abgeschirmtem Gemäuer einer falschen Romantik, zumal die „Nachtvögel“ sich sehr gerne sonnen und auch beregnen lassen. Auch dass Eulen in frischem Wasser ausgiebig baden und – speziell zur Brutzeit – regelmäßig trinken, bleibt in vielen Tierhaltungen oft unberücksichtigt.
2 Stressbelastungen durch Missachtung artspezifischer Ansprüche
Im kommerziellen Schaubetrieb werden solche grundlegenden Bedürfnisse der Eulen nicht nur ignoriert, die durchaus stressempfindlichen Vögel werden vielmehr Situationen ausgesetzt, die ihrem Verhalten zur Gänze widersprechen:
2.1 Flugvorführungen außerhalb der artspezifischen Aktivitätszeit. Von den europäischen Eulenarten können nur Schneeeule, Sumpfohreule und Steinkauz als dämmerungs- und lichtaktiv eingestuft werden. Sperlingskauz, Sperbereule und Habichtskauz sind vorwiegend dämmerungsaktiv, fakultativ auch tagaktiv. Alle anderen Arten haben ihren Aktivitätsschwerpunkt in der Dunkelphase, was in besonderem Maße für Zwergohreule, Rauhfußkauz und Schleiereule gilt (Abb. 3, 5). Die für die Show erzwungene Flugaktivität bei vollem Tageslicht stellt zumindest für die letztgenannten Eulenarten eine Tierschutzwidrige Stresssituation dar.
2.2 Aus Kostengründen und zur Platzersparnis werden Eulen im Schaubetrieb häufig durch Lederriemen an den Beinen an einer Sitzstange fixiert – analog zur Falknerei. Auch wenn Besucher diese Anbindehaltung häufig einer Volierenhaltung gegenüber bevorzugen, weil die Vögel völlig „frei“ wirken – und nicht „hinter Gittern eingesperrt“, so wird in aller Regel übersehen, dass der Bewegungsradius derart fixierter Eulen oft kaum einen Meter weit reicht (Abb. 1).
2.3 Da nur den wenigsten Individuen einer Eulenshow tatsächlich ein Freiflug gewährt wird, erduldet der Großteil die Anbindehaltung lebenslang – meist ab dem frühen Ästlingsalter! (Im Fall eines Sperlingskauzes, der im Freiland ein Revier von gut 1 km2behaupten würde, bietet die Anbindehaltung gerade noch wenige Dezimeter an Bewegungsraum.) Eine dauerhafte Fixierung mit eng anliegenden Lederriemen kann darüber hinaus zu schweren Schäden an den Beinen führen (Überdehnung infolge wiederholter Abflugversuche, Entzündungen infolge permanenten Scheuerns an der Befiederung; Abb. 2; McKeever 2015).
2.4 Zur besseren Handhabung und Präsentation sind Sitzkruken, Jule oder Hohes Reck möglichst niedrig gehalten, zumal abgesprungene Vögel in dieser Situation leichter auf ihren Sitzplatz zurückfinden, ohne sich mit dem Geschüh zu verheddern. Dadurch sind Eulen, die im Freiland einen gut gedeckten Ruheplatz in sicherer Höhe aufsuchen würden, gezwungen, in Brust- oder Augenhöhe der Besucher zu sitzen, völlig ungeschützt vor deren Blicken, ohne jede Deckung und auch ohne jede Fluchtmöglichkeit (Abb. 1). (Einer solchen Stressbelastung wären freilebende Eulen nur bei ausweglosen Situationen gegenüber einem überraschend auftretenden Fressfeind ausgesetzt.) Die Belastung wird potenziert, wenn das Publikum ganz nahe an die Vögel herantreten kann, um z. B. aus nächster Nähe zu fotografieren, oder im Extremfall sogar zum Berühren, Streicheln oder „Schmusen“ aufgefordert wird (Abb. 3, 4; Tab. 1).
2.5 Bis auf ganz wenige Ausnahmen sind Eulen Einzelgänger, leben bestenfalls paarweise, jedenfalls nicht in sozialen Verbänden. Die Präsentation mehrerer Eulenindividuen in enger Nachbarschaft widerspricht dem Bedürfnis nach Mindestdistanz und Rückzug. Im Schaubetrieb wird diese Stresssituation durch die Kombination unterschiedlicher Eulenarten in enger Nachbarschaft noch verstärkt, zumal kleinere Arten ins Beutespektrum der größeren Eulen fallen (Abb. 6, 7). Dieses Problem steigert sich in der üblichen Kombination von Eulen mit Greifvögeln und Falken, im Extrem auch mit Jagdhunden (Tab. 1). Das allmähliche Abstumpfen der Eulen im Dauerstress wird fälschlich als „Gewöhnung“ interpretiert. Sehr viel realistischer fallen derart exponierte Eulen in einen „Konfliktschlaf“, ein Verhalten, das freilebende Eulen nur bei völlig auswegloser Feindbegegnung zeigen (Abb. 7).
2.6 Auf Grund ihrer runden, „übergroßen“ Köpfe und der ausdrucksvollen Augen wirken manche Eulenarten auf den menschlichen Betrachter geradezu „puppenhaft“, was häufig ein Bedürfnis nach Berühren, wenn nicht Streicheln oder gar „Schmusen“ auslöst. Schausteller bieten einen solch engen Kontakt mitunter gezielt an (z. B. werben „owl cafes“ mit einem solchen Angebot; Abb. 4, 6, 7), wiewohl gesunde Eulen solche Berührungen typischerweise meiden – auch dem Artgenossen gegenüber. Selbst „trainierte“ Individuen reagieren entsprechend ablehnend – mit erregtem Schnabelknappen, Fauchen, Unlust- Zwitschern oder Abwehr-Schirken, wenn nicht sogar Zubeißen. – Eulen sind – und das gilt auch im Schaubetrieb – echte Wildtiere; sie eignen sich weder als Heimtiere noch als Kuschelobjekte (vgl. Nosowitz 2015).
3 Gezielte „Produktion“ show-tauglicher Eulen
Es steht außer Frage, dass Eulen, die in engem Kontakt mit Menschen aufwachsen, dessen Nähe und Berührung besser tolerieren und weniger gestresst reagieren als Vögel aus Naturbruten. Folgerichtig werden Eulen für den Schaubetrieb vermehrt von Hand aufgezogen. Unter Berücksichtigung essentieller Kriterien können solche Handaufzuchten durchaus zu vollwertigen Vögeln heranwachsen, die arttypisches Verhalten zeigen, inklusive Fortpflanzung und Jungenaufzucht (Tab. 2). In diesem Zusammenhang müssen als Schlüsselkriterien der enge Sozialbezug zu arteigenen Eulen ab frühem Nestlingsalter und eine vollwertige Ernährung herausgegriffen werden. Denn zum einen wird das Erkennen der eigenen Art durch „Prägung“ auf die Merkmale des anwesenden „Kumpanen“ in sehr frühem Alter festgelegt. Dabei spielen Nestgeschwister eine ebenso wichtige Rolle wie die Elterntiere. Dieser irreversibel bzw. zeitlebens festgelegte Lernprozess entscheidet über späteres Rivalenverhalten sowie die Partnerwahl im fortpflanzungsfähigen Alter (Thaler-Kottek 2016).
3.1 Durch gezielte Handaufzucht von Einzelvögeln erreicht der Tierpfleger eine „Prägung“ auf menschliche „Kumpane“. Solche Eulen begegnen in ihrer Jugend auch anderen Menschen völlig vertraut, betteln diese an und lassen sich auch bereitwillig kraulen. Kaum erwachsen, kann sich dieser freundliche Bezug allerdings rasch umkehren, denn jetzt erkennen die Vögel im Menschen entweder einen gleichgeschlechtlichen Rivalen, den sie in ungehemmter Aggression attackieren, oder sie sehen einen Paarpartner, den sie beständig anbalzen, mit dem sie gelegentlich auch zu kopulieren versuchen. Umgekehrt verhalten sich solch „fehl-geprägte“ Eulen ablehnend bis aggressiv gegenüber den „richtigen“ Artgenossen, weil sie diese als artfremd einschätzen (Tab. 2). Somit sind auf Menschen geprägte Eulen nicht nur für Artenschutzprojekte – wie Zucht oder Wiederansiedlung – gänzlich unbrauchbar, sondern können durch ihr aggressives Verhalten sogar zum Gefährdungsrisiko für Personen werden (Vier Pfoten2015)! Derartig fehlentwickelte Eulen werden mit zunehmendem Alter für Streichelangebote oder Flug-Shows ungeeignet – und werden daher auch laufend durch „liebe“ Jungtiere ersetzt! Liest man die einschlägigen Inserate, dann landen die „verbrauchten“ Alt-Eulen vermutlich beim Präparator.
3.2 Große Zuchtbetriebe, wie sie sich in letzter Zeit ausschließlich zur „Produktion“ von Jungeulen für Schauzwecke etablieren konnten, ziehen Jungeulen – per Hand – in gemischten Gruppen auf. Nestlinge lernen somit neben dem menschlichen Pfleger (als „Eltern-Kumpan“) diverse artfremde Eulen als „Geschwister-Kumpan“ kennen. Sofern sie im Adultstadium überhaupt zur Brut schreiten, bevorzugen sie in jedem Fall den artfremden Partner gegenüber dem artgleichen. Es verwundert daher nicht, dass gerade bei fehlgeprägten Handaufzuchten in „gemischten“ Gruppen sehr ungewöhnliche Art-Hybride aufgezogen werden: wie Waldohreule x Waldkauz (Askani 2003), Schneeeule x Uhu (Burkhardt 2013), Bartkauz x Habichtskauz (Wings 2016). – Aktuell werden durch Handaufzucht absichtlich fehlgeprägte Eulen unterschiedlichster Arten für Schausteller und als Maskottchen gezielt beworben (z. B. Wings-Eulenzucht/Holland). Diese Fehlentwicklung gipfelt derzeit in den japanischen „owl cafes“, wo eigens „trainierte“ Jungeulen auf Julen zum Kraulen und Kosen für jedermann angeboten werden, für selfies herumgetragen werden können oder einfach nur als Dekoration auf den Kaffeehaustischchen angebunden sind (Abb. 4, 6, 7).
3.3 Um die durch Handaufzucht erreichte „Zahmheit“ dauerhaft zu erhalten, versuchen manche Züchter, die natürliche Entwicklung der Jungeulen zu reifen Altvögeln zu unterbinden. Eine solche Infantilisierung kann im Einzelfall durch besonders intensive Betreuung einzeln gehaltener Jungvögel erreicht werden (Kraulen, Herumtragen, Füttern mit kleinen Leckerbissen), am sichersten gelingt sie aber durch Mangelernährung. Das Rezept heißt Unterernährung trotz Sättigung (mit minderwertigem Futter). Die Jungvögel entwickeln zwar ein arttypisches Altersgefieder, so dass die körperliche Kümmerform nicht gleich auffällt, doch stagniert die Reifung ihrer Verhaltensausstattung. Infolge sogenannter „Deprivation“ (vgl. Thaler-Kottek 2016) verharren die Vögel lebenslang im Stadium eines unselbständigen Jungvogels, damit in dauerhafter Abhängigkeit vom Pfleger – und betteln entsprechend auch noch im Erwachsenenalter (Tab. 2). Solche Verhaltenskrüppel wirken auf unbedarfte Besucher besonders „süß“, vermitteln aber bestenfalls ein Zerrbild einer gesunden Eule (Vier Pfoten 2015). Auch sind solche Vögel für Artenschutzprojekte verloren.
4 Richtlinien gegen einen tierschutzwidrigen Missbrauch von Eulen für Schauzwecke
Wiewohl Eulen in zunehmendem Maße in Flugvorführungen und Tierschauen eingesetzt werden, wird die missbräuchliche Aufzucht und stressende Schaustellung vielfach nicht in vollem Umfang erkannt. Ja sogar renommierte Zoologische Gärten unter wissenschaftlicher Leitung setzen Schauflüge mit nachtaktiven Schleiereulen als Besucherattraktion ein, sowie Uhujunge als Streichelobjekte oder „zahme“ Bartkäuze für das Familienfoto.
In Österreich aber haben Tierärzte und fachlich geschulte Tierschutz-Ombudsleute die Problematik jüngst aufgegriffen, und – im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit in Wien – einen Leitfaden zur Beurteilung derartiger Schaustellungen im Spiegel der aktuellen Tierschutz-Gesetzgebung erstellt. Dieser Leitfaden (Arbeitsgruppe des Vollzugsbeirats 2015) sei hier in stichwortartigen Auszügen vorgestellt:
4.1 Lebende Tiere dürfen für Filmaufnahmen, Werbung oder Schaustellung nicht herangezogen werden, wenn damit schwere Angst, Leiden oder Schmerzen verbunden sind (TSchG § 5 Abs. 1 und 2); ebenso ist eine Bewegungseinschränkung unzulässig, wenn diese schwere Angst verursacht. Entsprechend ist die Anbindehaltung verboten (TSchG § 16 Abs. 1, 2, 3 und 6).
4.2 In der 2. THVO (Anlage 2) wird explizit ein Verbot der Anbringung eines Geschühs für Eulen (sowie Greifvögel, Rabenvögel etc.) ausgesprochen, sofern diese nicht als Beizvögel geflogen werden. In Konsequenz dürfen Eulen nur in ausreichend großen und artgerecht gestalteten Volieren gehalten werden.
4.3 Bei der Jungvogelaufzucht ist die Prägung auf dieselbe Art sicherzustellen; eine Fehlprägung auf Menschen ist zu vermeiden. Handaufzuchten müssen die Ausnahme bleiben und dürfen nicht aus kommerziellen Gründen erfolgen (2. THVO § 4 Abs. 5 und Anlage 2).
4.4 Das Futter muss den ernährungsphysiologischen Bedarf der Vögel in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien decken. Dabei muss das dargebotene Futter der artspezifischen Beutebehandlung entsprechen (2. THVO § 4 Abs. 7).
4.5 Eulen dürfen keinem Stress durch unmittelbare Nähe von anderen Tieren und Besuchern ausgesetzt werden. Entsprechend muss bei der Präsentation von Eulen ein ausreichender Abstand zum Betrachter eingehalten werden. Darüber hinaus ist eine verhaltensgerechte Rückzugsmöglichkeit zu gewährleisten (2. THVO Anlage 2). Das Berühren der Eulen durch Besucher und andere fremde Personen ist zu untersagen.
4.6 Typisch dunkelaktive Eulen dürfen nicht zu artfremder Tagaktivität gezwungen werden (z. B. im Rahmen von Schauflügen).
5 Ausblick
Tierschutz, Artenschutz, Naturschutz und Umweltschutz erscheinen uns oft als voneinander unabhängige, z. T. sogar widersprüchliche Konzepte zur Bewahrung der Schöpfung bzw. einer lebenswerten Umwelt. In den hier dargelegten Aspekten zur tierschutzgerechten Eulenhaltung fließen aber gleich mehrere Schutzziele zusammen, da eine art- und verhaltensgerechte Tierhaltung Ansatzpunkt für Zuchtprogramme zur Wiederansiedlung örtlich verschollener Arten sein kann (z. B. erfolgreiche Projekte mit Uhu, Habichtskauz, Steinkauz), unverfälschte Anschauung für didaktisch-pädagogische Anliegen bietet sowie ein wertvolles Angebot für spezielle Forschungsfragen stellt.
In jedem Fall ist auf breiter Basis darauf hinzuarbeiten, dass die Tierschutz-Problematik bei der Haltung und Schaustellung von Eulen erkannt und thematisiert wird, damit derart sensible Wildvögel wie die Eulen nicht für billige Schaustellerei missbraucht bzw. in ihrer körperlichen Gesundheit und artgemäßen Verhaltensentwicklung nachhaltig geschädigt werden. Dazu müssen Problembewusstsein und kritische Diskussion europaweit erwachsen, um die entsprechenden Kriterien für eine vertretbare Präsentation von Eulen europaweit festzuschreiben.
6 Literatur und Internetquellen
Arbeitsgruppe des Vollzugsbeirats 2015: Leitfaden zur Beurteilungvon Greifvogelvorführungen. Österr. Bundesmin. Gesundheit, AbteilungTierschutz; Wien. https://www.vetmeduni.ac.at/fileadmin/v/fachstelle-tierhaltung/Leitfaden_zur_Beurteilung_von_Greifvogelflugvorführungen_20160217
Askani T 2003: http://www.tanja-askani.de/ta_photos_jaeger.html
Burkhardt W 2013: Der Schnuhu (Schneeeulen-Uhu-Hybride). https://www.tz.de/bayern/ueberraschende-kreuzung-tierreich-schnuhu-mischung-schneeeule-eule-3069906.html
McKeever K 2015: Wildlife Rehabilitation – Leave it to the Professionals. The Owl Foundation News, Vineland- Ontario
Nosowitz D 2015: The bird-brained idea behind Japan’s Owl Cafés. Audubon Society; http://www.audubon. org/news/the-bird-brained-idea-behind- japans-owl-cafes
Thaler-Kottek E 2016: Gscheite Tiere – Intelligenz und Lernleistungen im Tierreich. 119 S., Münster
Vier Pfoten 2015: Greifvogel-Shows. http://www.vier-pfoten.at/projekte/eulen-und-greifvogelstation-haringsee-egs/greifvogelshows/
Wings 2016: http://www.eulenzuchtwings.de
Dr. Wolfgang Scherzinger
Roßpoint 5
D-83483 Bischofswiesen / OT Stanggass
Ernst Kniprath
17.10.207
Kaatz (2013) hatte mitgeteilt, dass Schleiereulenbrutkästen, die einmal von Dohlen zur Brut benutzt worden waren, für Schleiereulen untauglich wären. Dem hatte Kniprath (2014) in dieser generellen Form widersprochen. Dort wurde mit Fotos belegt, dass Schleiereulen durchaus in zuvor von Dohlen benutzten Kästen brüten können.
Auch dieser Widerspruch greift in dieser generellen Form zu kurz. Wie das beigefügte Foto aus der Direktübertragung im Internet zeigt, sorgen Dohlen mit ihrem Nistmaterial durchaus für Schwierigkeiten, wenn sie ihr Nest nicht vollständig bauen konnten. Die Eulen sitzen hier auf dem von den Dohlen als Nestbasis eingetragenen Reisig. Sollten sie hier eine Brut versuchen, müsste sie misslingen. Die Eier lägen auf oder halb in dem Reisig. Das Eulenweibchen hätte keine Chance, sie zu wenden oder auch so zusammen zu rollen, dass ihr Brutfleck sie optimal decken und damit wärmen könnte. Im Normalfall zerbeißen Eulenweibchen alte Gewölle und stellen damit eine recht glatte Fläche her. Auf dieser sind die Eier ziemlich leicht zu rollen. Selbst wenn hier Gewölle zerbissen würden, fiele das bröselige Material zwischen die Zweige und könnte keinen passenden Untergrund für das Gelege bilden.
In dem Nistkasten der Abbildung gab es im Frühjahr 2016 genau die gleiche Situation. Auch hier saß ein Eulenpaar auf dem Reisig oder auf einer damals sichtbaren Sitzstange. Die Betreuer des Kastens hatten, wie im Internet zu verfolgen war, bei Abwesenheit des Eulenpaares am Abend das Reisig entfernt. Noch am darauf folgenden Morgen erschienen die Eulen wieder und vermissten offensichtlich das Reisig nicht. Sie brüteten später hier erfolgreich.
Kaatz G 2013: Die Dohle, Nistplatz- und Nahrungskonkurrent von Schleiereule Tyto alba und Steinkauz Athene noctua und mutmaßlicher Prädator des Steinkauzes. Eulen-Rundblick 63: 23-24
Kniprath E 2014: Zu: Kaatz G 2013: Die Dohle …… Eulen-Rundblick 64: 82
12.10.2017
In den Rheinauen um Karlsruhe (ca. 100 m über NN) kann man zur Zeit die Herbstbalz der Waldkäuze beobachten und vor allem hören: Neben der als Spannungselement aus Filmen bekannten Revierstrophe der Männchen und dem von beiden Geschlechtern vorgetragenen kiu-witt ist dabei von einer großen Palette von modifizierten kiu-witt-ähnlichen Rufen über ein recht schaurig klingendes Geheul bis zum Nestanzeige-Triller der Männchen (der aber nach meinen Beobachtungen auch vom Weibchen vorgetragen werden kann) das gesamte Rufrepertoire zu hören.
Dabei sind die Käuze allerdings wie immer recht launisch. Oft ist einfach nichts zu hören, wenn aber irgendwo einer beginnt, zu rufen, dann antworten die Kollegen aus der weiteren Nachbarschaft – um so lieber, je intensiver die Balzlaute sind.
von userem langjährigen Mitglied Hans Peter König
06.10.2017
Ich beschäftige mich seit meiner Kindheit mit Schleiereulen; zuerst im Saarland – ab 1980 in NRW. Als Forstbeamter hatte ich viel mit Landwirten zu tun (Erstellung von Forstbetriebswerken; u.a. auch Teilbereich “Natur- und Landschaftspflege”). Immer wieder fragte ich Hofbesitzer, ob Schleiereulen da wären. Oft bekam ich positive Meldungen. Dutzende Nistkästen habe ich gebaut und aufgehängt; einige wurden sogar spontan angenommen. Fast alle Kästen wurden besetzt: Turmfalke, Waldkauz, Bachstelze, Hornissen, Wespen… Kirchturmbruten gab es meines Wissens im HSK nicht (anders als z.B. im Saarland).
Mein Aktionsraum im HSK liegt/lag im Wuchsbezirk „Innersauerländer Senken“ – einem relativ waldarmen Gebiet innerhalb des Sauerlandes. Prägend ist der relativ hohe (Intensiv-)Grünlandanteil (Milchviehwirtschaft), relativ wenig Ackerbau (heute hoher Maisanteil), Forstflächen auf den steileren Lagen und Kuppen, mäuse- und heidelerchenreichen Weihnachtsbaumkulturen, offene Bachtäler. Höhenlage: unter 200 m NN bis etwa 500 m NN.
Doch warum schreibe ich diese Zeilen?
Die Situation der Schleiereule im Hochsauerlandkreis (fast so groß wie das Saarland – was Fläche und Einwohnerzahl angeht) scheint mehr als katastrophal. Hierzu ein paar Zahlen1):
Für den selben Zeitraum Daten des Uhus:
Laut OAG gab es von 1976 bis 1986 weniger als 5 besetzte Reviere.
Da muss man sich doch die Frage stellen, welche Ursachen für den Rückgang der Schleiereulen verantwortlich sind. Beide Arten ernähren sich im wesentlichen von Feldmäusen. Und von denen gab es in den letzten Jahren reichlich (mehrere Gradationen). Nistkästen für die Schleiereulen sind mehr als genügend vorhanden. Und die Schneelagen spielen auch kaum noch eine Rolle. Und angestrahlte Kirchtürme: s.o.
Mäusefressende Säugetier- und Vogelarten haben vom Mäusereichtum und v.a. von der Erreichbarkeit (4 bis 5 mal wird Gras geschnitten) enorm profitiert. Bussarde, Rot- und Schwarzmilane, Turmfalken, Schwarzstörche, Graureiher finden sich oft scharenweise auf dem frisch gemähten Intensivgrünland. Wiesel Fuchs und Co. sieht man überall reichlich, auch tagsüber! Aber warum gibt es offensichtlich keine Schleiereulen im HSK mehr (oder nur noch Restbestände)? Jeder weiß um die Vermehrungsstrategie dieser Art.
Zu denken geben mir immer wieder Aussagen von Landwirten: …früher waren immer Schleiereulen da, aber seit der Uhu abends hier herumfliegt, gibt es keine Schleiereulen mehr … Ich kann das aus eigenen zufälligen Beobachtungen nur bestätigen.
Wenn ich mir die Eulenrundbriefe (ich habe sie noch alle) anschaue lese ich v.a. in den neueren Ausgaben immer wieder, dass gemutmaßt wird, Schleiereulen gehören zum Beutespektrum des Uhus.
Ich habe gar nichts gegen den Uhu – im Gegenteil: eine grandiose Erfolgsgeschichte. Was mich allerdings enorm stört ist die Hype um diese Art. Uhu Uhu über alles ! Jeder tote Uhu ist eine Katastrophe; Meldungen darüber finden wir in Berichten, Printpresse und Fernsehen . Trotzdem steigen die Brutzahlen weiter und weiter …
Das stille Sterben der Schleiereulen geht weiter. Hat der Uhu sie doch zum Fressen gern?
Die Aussage der OAG des VNV im Hochsauerlandkreis, dass sich “…die Bedingungen…für die Schleiereule weiter verschlechtert haben”, erscheint aus meiner Sicht wenig glaubwürdig, den Rückgang einzig und allein damit zu begründen. Man kann ja das Anstrahlen von Kirchtürmen untersuchen – dennoch scheinen Untersuchung hinsichtlich des Einflusses des enorm gewachsenen und offensichtlich noch weiter wachsenden Uhu Bestandes auf kleinere Eulenarten wichtig.
Anmerkungen der Redaktion:
Im Eulenrundblick 67 berichten Ernst Kniprath & Susanne Stier-Kniprath von ihrer Untersuchung über den Einfluss des Uhus auf eine Schleiereulenpoulation am Mittelgebirgsrand bei Einbeck (Kreis Northeim, Niedersachsen). Sie stellen ebenfalls einen Rückgang und eine erhöhte Mortalität der Schleiereule fest. Die Schleiereulen scheinen dem Uhu auszuweichen. Diskutiert wird auch, ob bereits die jungen Schleiereulen in der Dispersalphase wegen der Gefahr durch den Uhu die entsprechenden Gebiete meiden.
Interessant wäre, herauszubekommen, wie die Zusammenhänge im Sauerland sind.
Die diesjährige Eulentagung findet vom 20.10. bis 22.10.2017 im Christian Jensen Kolleg in Breklum / Schleswig-Holstein statt.
Anmeldungen zur Tagung bitte mit vollständiger Adressenangabe bis spätestens 05.10.2017 an Armin Jeß, Kirchenweg 3, 25870 Oldenswort, Tel: 04864-2718849, E-Mail: jess.armin@gmx.de.
Mitglieder können sich auch per Web-Formular hier anmelden.
Die Beschreibung der Anreise finden Sie hier
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Freitag, 20. Oktober 2017
Samstag, 21. Oktober 2017
9:00 Uhr Themenkreis: Vereinsarbeit LVE-SH für Eulenschutz und Forschung
9:45 – 10:30 Uhr Kaffeepause
12:00 – 13:30 Uhr Mittagpause
13:30 Uhr Fortsetzung verschiedener Themen
15:45 – 16:30 Uhr Kaffeepause
16:30 Uhr Beiträge zu verschiedenen Themen
ab 18:00 Uhr Abendessen
20:00 Uhr Mitgliederversammlung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen e.V.
Sonntag, 22. Oktober 2017
8:30 Uhr Treffen zu den Exkursionen
Tagungsende gegen 12:00 Uhr
Wir trauern um unser Ehrenmitglied Dr. Theodor Mebs. Theodor Mebs verstarb am 24.07.2017 nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 87 Jahren. Die Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt.
Unser Mitgefühl gilt seiner Frau Anna Mebs, seinen Kindern und Enkeln. Eine Würdigung seiner Verdienste für die AG Eulen werden wir in einem Nachruf im nächsten Eulen-Rundblick publizieren.
Der Vorstand der AG Eulen
21.07.2017
Wie im aktuellen Eulen-Rundblick dargestellt, werden Kirchen zunehmend in der Nacht mit Scheinwerfern angestrahlt. Ob dies Einfluss auf den Bruterfolg von Schleiereule und Uhu hat, ist von großem Interesse für die AG Eulen, um zu diesem Thema verlässliche Fakten zu sammeln und daraus Erkenntnisse für den praktischen Eulenschutz zu gewinnen.
Bei dieser Umfrage geht es nicht um einzelne Bruten, sondern um möglichst langjährig vergleichbare Datenreihen.
Fragen zur Datenerfassung:
1. Gebäudetyp mit Beleuchtung (Scheune, Kirche, sonstiges), wo Schleiereule oder Uhu brüten?
2. Wie wird das Gebäude nachts angestrahlt bzw. indirekt beleuchtet? (Wandfluter, temporäre Beleuchtung, …)
3. Befindet sich die Einflugöffnung im Lichtkegel?
4. Gibt es sonstige (regelmäßige) Störungen im Gebäude und nahem Umfeld, die den Bruterfolg beeinträchtigen können? (Lärm durch landwirtschaftliche Maschinen, Heuentnahme, Reinigungskräfte, Besucherverkehr, …)?
5. Wie viele Jungvögel sind in den vergangenen Jahren (Anzahl der Jungvögel pro Jahr getrennt auflisten) an den beleuchteten Brutplätzen geschlüpft bzw. ausgeflogen?
6. Wie viele Jungvögel sind in den vergangenen Jahren (Anzahl der Jungvögel pro Jahr getrennt auflisten) an anderen Brutplätzen ohne Beleuchtung geschlüpft bzw. ausgeflogen?
7. Angaben zum Untersuchungsgebiet (Lage, Größe)?
Die Daten sollten bis Ende September 2017 an martin.lindner@ageulen.de oder per Post (Parkstr. 21, 59846 Sundern) gesendet werden. Es ist beabsichtigt, aussagefähige Umfrageergebnisse im nächsten ER zu veröffentlichen. Falls möglich, werden schon bei der nächsten Jahrestagung erste Ergebnisse vorgestellt.
Martin Lindner
Von Hans-Jürgen Stork
Auf leisen Schwingen und mit scharfen Ohren fliegt der Waldkauz im Dunkeln auf die im Laub raschelnde Maus zu und packt sie mit seinen scharfen Krallen. Ein Biss in den Hinterkopf führt zum schnellen Tod des kleinen Nagetiers.
Der nächtliche Räuber „baumt“ dann auf und verschluckt das Beutetier recht schnell in einem Stück. Erst der Magen entscheidet, dass Fell, Knochen und Zähne nicht verdaulich sind. Seine Bewegungen formen dann aus diesen Resten einen länglichen Speiballen, der wegen der darin enthaltenen Haare „Gewölle“ heißt.
Gewölle von Eulen lassen sich unter Schlaf-, Rast-, Nistbäumen und auch aus Nisthöhlen sammeln und ihre Inhalte wissenschaftlich studieren. Damit befasst sich auch die „Gewöll- und Rupfungskunde“, die dann viel mehr noch über alle Nahrungstiere von Eulen und Greifvögeln aussagen kann.
In Berlin hat sich schon vor 60 Jahren ein bedeutender Naturschützer vom Deutschen Bund für Vogelschutz DBV (heute Naturschutzbund NABU) mit der Nahrungsökologie der Eulen der Berliner Wälder befasst.
Dr. Victor Wendland 2) sammelte bei seinen vielen Begehungen im Grunewald und im Spandauer Forst regelmäßig die Gewölle von Waldkäuzen und Waldohreulen auf und analysierte ihre Inhalte, bestimmte die Beutetiere, auch ihre Menge und Anteile im Laufe von über 12 Jahren. Die Ergebnisse dieses akribischen Tuns hat Wendland in einigen Aufsehen erregenden wissenschaftlichen Artikeln veröffentlicht.
Aus der folgenden Tabelle ist zu entnehmen, dass nicht nur kleine Nagetiere gefressen wurden, sondern auch noch viele andere Wirbeltiere. Bevorzugte Beute waren die Gelbhalsmäuse - auch wohl wegen ihres relativ häufigen Vorkommens in den Berliner Wäldern. Waren sie häufig und leicht zu fangen, traten andere Mäusearten oder Vögel in den Hintergrund.
Tab. 1: Beutetiere der Waldkäuze (n = 14341) des Grunewalds (1959–1973) 3)
Summe aller Wirbeltiere | Gelbhals- maus | Feld- maus | Rötel- maus | Ratte | übrige Nager | Spitz- mäuse | Übrige Kleinsäuger | Amphibien, Fische | Vögel | |
1959 | 866 | 146 | 176 | 5 | 20 | 69 | 236 | 11 | 63 | 92 |
1960 | 711 | 125 | 86 | 36 | 48 | 74 | 71 | 19 | 111 | 141 |
1961 | 759 | 304 | 27 | 28 | 85 | 26 | 30 | 17 | 72 | 170 |
1962 | 2036 | 532 | 112 | 89 | 100 | 83 | 97 | 21 | 257 | 745 |
1963 | 1448 | 345 | 107 | 57 | 55 | 72 | 134 | 24 | 168 | 486 |
1964 | 1508 | 585 | 111 | 80 | 54 | 64 | 33 | 24 | 84 | 473 |
1965 | 1208 | 381 | 83 | 44 | 59 | 38 | 16 | 14 | 77 | 494 |
1966 | 1261 | 246 | 156 | 24 | 67 | 22 | 23 | 16 | 57 | 650 |
1967 | 1382 | 532 | 97 | 63 | 48 | 30 | 28 | 25 | 10 | 549 |
1968 | 789 | 271 | 68 | 47 | 14 | 28 | 23 | 10 | 10 | 318 |
1969 | 348 | 77 | 18 | 7 | 6 | 0 | 2 | 6 | 11 | 215 |
1970 | 640 | 232 | 57 | 13 | 14 | 23 | 8 | 5 | 9 | 279 |
1971 | 439 | 137 | 29 | 24 | 13 | 2 | 1 | 4 | 6 | 223 |
1972 | 470 | 108 | 37 | 17 | 23 | 10 | 4 | 11 | 11 | 249 |
1973 | 478 | 66 | 61 | 14 | 11 | 15 | 7 | 8 | 0 | 296 |
Summe | 14341 | 4087 | 1225 | 596 | 617 | 562 | 713 | 215 | 946 | 5380 |
Wendland hielt als Vogelkundler auch noch andere Beobachtungsdaten in seinem Tagebuch fest. Lebensweise der Eulen und die Veränderungen ihrer Lebensräume fanden sein besonderes Interesse Brutbestände und Bruterfolg wurden sehr genau untersucht.
Tab. 2. Vermehrung der Waldkäuze des Berliner Grunewalds von 1958—1971
1958 | 59 | 60 | 61 | 62 | 63 | 64 | 65 | 66 | 67 | 68 | 69 | 70 | 71 | Summe | |
Festgestellte Paare | 9 | 13 | 17 | 16 | 15 | 15 | 17 | 17 | 17 | 19 | 20 | 20 | 19 | 18 | 232 |
davon mit Bruterfolg | 2 | 10 | 7 | 4 | 5 | 7 | 13 | 6 | 8 | 14 | 4 | 10 | 9 | 8 | 107 |
ausgeflogene Junge | 4 | 23 | 15 | 13 | 6 | 7 | 28 | 9 | 15 | 32 | 5 | 19 | 21 | 17 | 214 |
Oecologia (Berl.) 20, 301-310 1975.
Die 107 Paare hatten also 214 Junge, d. h. 2 Junge pro Paar,
davon 30 Paare (28,0 %) je 1 Junges = 30 Junge
50 Paare (46,6 %) je 2 Junge = 100 Junge
25 Paare (23,3 %) je 3 Junge = 75 Junge
1 Paar ( 0,9 % ) 4 Junge = 4 Junge
1 Paar ( 0,9 %) 5 Junge = 5 Junge
Als durchschnittlich kann man bei der Grunewaldpopulation den jährlichen Bruterfolg bezeichnen, wenn etwa die Hälfte der Paare Junge hochzieht. Einige Jahre heben sich durch besonders schlechten (z. B. 1962 und 1968) oder besonders guten (z. B. 1959, 1964, 1967) Bruterfolg hervor.
Anteil der Gelbhalsmäuse an der Jagdbeute und Bruterfolg der Waldkäuzen im Berliner Grunewald - nach Wendland 1975.
Abb. 2: Abhängigkeit des Bruterfolgs der Waldkäuze von der Menge der zu erbeutenden Gelbhalsmäuse.
Die Daten aus über 12 Jahren zu den Anteilen einer Beutetierart in den Gewöllen und solche zum Bruterfolg von Waldkäuzen sind in Abb 2 dargestellt. In einem dreijährigen Zyklus hoher Anteile der Gelbhalsmäuse in den Gewöllen spiegelt sich ein entsprechender Zyklus der Bestände dieser Mäuseart im Grunewald wider. Alle drei Jahre hatten sie viel Nachwuchs, und die Eulen hatten dann entsprechend schnelles und gutes Jagdglück. So konnten mehr Waldkauz-Paare zur Brut schreiten und wohl auch mehr Jungen groß ziehen.
Die Bestände von Räuber und Beute schwankten somit in einem dreijährigen Rhythmus - leicht gegeneinander versetzt. Die Anzahl der Räuber zeigte sich abhängig von der Anzahl der leicht zu fangenden Beutetiere. Dies bestätigt die in der ökologischen Forschung häufig wiederzufindenden Regeln von Lotka und Volterra. Die Waldkäuze aus Berlin konnten so sogar als Beispiel Eingang in ein Hochschullehrbuch finden.
Umweltpädagogen und Biologielehrern sei bei Gewöll-Untersuchungen empfohlen. die Daten aus den Tabellen auch in ihren Lerngruppen zu bearbeiten. Die Grafen im Diagramm kann man löschen. Die absoluten Zahlen in den Tabellen 1 und 2 können von den Kursteilnehmern in %- Werte umgerechnet und grafisch wieder dargestellt werden. Waldkäuze lieferten einst ein schönes Material für die Ableitung der Lotka-Volterra- Regeln 4).
25.05.2017
Bei der Steinkauzbrut in Winterswijk ereignete sich um 3:09 am 23.05. ein Überfall durch einen Steinmarder. Mehr...
12.05.2017
Am 11.05. 21:00 Uhr gab es im Habichtskauzkasten – einer umfunktionierten PVC-Mülltonne – eine interessante Szene zu beobachten: Das Männchen kam zum brütenden Weibchen in den Kasten und setzte sich neben sie. Es sieht aus, als wollte er wissen, wie es um das Gelege steht, er guckte immer wieder mit dem Kopf weit unter dem des Weibchens unter sie.
Im vergangenen Jahr war im Waldkauzkasten bei Beleef de Lente in den Niederlanden eine völlig gegensätzliche Szene zu beobachten: Das Männchen kam in Abwesenheit des Weibchens mit einer Maus in den Kasten und war sehr bemüht, sein Beutestück einem der Jungen zu übergeben, aber alle Locklaute halfen nur wenig. Die Jungen waren ziemlich satt und nur wenig interessiert. Plötzlich kam das Weibchen in den Kasten, ging auf das Männchen los und warf ihn äußerst rabiat aus dem Kasten, incl. einem abschließenden Tritt mit dem bekrallten Fang in den Allerwertesten.
Ob es sich um artspezifische Verhaltensunterschiede handelt, ist eine interessante Frage, die nur durch weitere intensive Auswertung von Filmaufnahmen aus dem Nistkasten zu klären ist. Dafür spricht, dass das Verbreitungsgebiet des Habichtskauzes zum großen Teil in der borealen Zone liegt und es dort auch während der Brutzeit noch sehr kalt sein kann. Die Habichtskauzmännchen übernehmen während der Abwesenheit des Weibchens die Brut und schützen so das Gelege vor Frostschäden.
Dass nicht alle Waldkauz-Weibchen so eifersüchtig reagieren, legt das Verhalten der Waldkäuze im Berliner Waldkauzkasten in diesem Jahr nahe: während der Inkubation und als die Jungen noch klein waren, übertagte das Männchen oben im Kasten (→ Bauplan des Kastens). Das Weibchen kam am Abend hoch und setzte sich neben ihn und man konnte ausgiebige gegenseitige Gefiederpflege beobachten. (Siehe auch Protokoll der Berliner Brut.)
Eulen haben sehr ausgeprägtes Geschlechterrollenverhalten: Das Weibchen ist zuständig fürs Brüten und für Pflege und Versorgung der Jungen, das Männchen muss das Futter für alle beischaffen. Erst wenn die Nestlinge so groß sind, dass sie nicht mehr ständig gehudert werden müssen, beteiligt sich das Weibchen an der Jagd, bleibt aber bei der Versorgung der Jungen dominat.
01.05.2017
Am 30.04. brachte das BR Fernsehen in seiner Sendung „Schwaben & Altbayern“ einen Film über das Kemptener Waldkauzprojekt:
Der Waldkauz - Vogel des Jahres Nistkästen für Nachtaktive
25.04.2017
Ein anfliegendes Elternteil mit Beute kündigt sich mit Rufen an – oft dem als „Schirken“ bezeichneten Erregungslaut, einem hohen Triller, der keine Ähnlichkeiten mit den übrigen Lautäußerungen hat. Die hungrigen Jungen drängen sich dann Richtung Flugloch und wenn der Altvogel ankommt, geht meistens alles sehr schnell. Für den menschlichen Beobachter am Bildschirm sieht es leicht so aus, als bekäme einfach der, der den längsten Hals macht, das Beutestück.
Dass dem nicht so ist, zeigt dieses Video von Beleef de Lente in den Niederlanden.
Sehr interessant in diesem Video sind die Lautäußerungen des Altvogels: zunächst ist das Schirken zu hören, dann beginnt er mit Warnrufen. Ob es dafür einen äußeren Grund gibt, oder ob er auf diese Weise nur den Jungvogel dazu bewegen will, „in Deckung“ zu gehen und so das Flugloch frei zu machen, wird nicht ganz klar. Als das alles nichts hilft, versucht er es mit sanfter Gewalt, begleitet von Schirken.
Auf jeden Fall bekommt das Nestgeschwister im Kasten letztendlich die Maus und nicht dasjenige, das den Nesteingang blockierte.
So lange der Hunger nicht übermäßig ist, zeigen junge Waldkäuze ein sehr diszipliniertes Verhalten in Bezug auf Futter: derjenige Junvogel, der ein Beutestück übergeben bekommt, wendet sich von den Nestgeschwistern ab und beginnt, das Beutestück zu verschlingen. Er wird dabei von den Geschwistern nicht bedrängt, auch wenn denen zuweilen die Zurückhaltung sichtlich schwer fällt. Erst wenn das Beutestück offensichtlich nicht verschlungen werden kann, versucht ein Geschwister sein Glück.
Auf diese Weise werden Verletzungen und unnötiger Energieverbrauch durch Streitereien vermieden. Gleichzeitig werden Entscheidungen des fütternden Elternteils – meistend des Weibchens – respektiert, was dem Möglichkeiten eröffnet, seinen Reproduktionserfolg aktiv zu maximieren, indem er das verfügbare Futter gerecht verteilt.
Es mehren sich die Hinweise, dass auch Schleiereulen gezielt einzelne Küken füttern.
=
21.04.2017
Obwohl zahlreiche Eulen noch immer brüten, sind in einigen Regionen Deutschlands bereits größere Eulenjunge „unterwegs“ und werden aktuell wieder regelmäßig von Spaziergängern als vermeintlich verwaist oder verletzt in Obhut genommen.
Tatsächlich sind die Nachwuchs-Eulen allerdings weder das eine noch das andere, weshalb wir dringend appellieren, junge Eulen vor Ort zu belassen! Man tut den Tieren keinen Gefallen, wenn sie außerhalb ihrer natürlichen Umgebung in Pflegestationen aufwachsen müssen.
Jungeulen verlassen ihren Horst von Natur aus lange bevor sie fliegen können. Bei uns sind das vor allem Waldohreule (Asio otus), Waldkauz (Strix aluco) und Uhu (Bubo bubo), in Regionen in denen er vorkommt, auch der Habichtskauz (Strix uralensis). Junge Waldkäuze werden dabei mit Abstand am häufigsten entdeckt (und „gerettet“).
Die noch flugunfähigen Jungvögel sind bei allen genannten Arten ausgezeichnete Kletterer – das Kletterverhalten ist ihnen angeboren. In der sogenannten „Infantenristen- oder Ästlingsphase“ bewegen sie sich laufend, kletternd oder hangelnd im Astwerk oder Fels, oftmals sogar am Boden. Dort machen sie durch laute Bettelrufe auf sich aufmerksam und werden bis zum flügge werden von den Alttieren versorgt.
Bei Gefahr, beispielsweise wenn sich ein Spaziergänger nähert, kauern sie sich regungslos dicht an den Boden und reagieren selbst dann nicht, wenn man unmittelbar vor Ihnen steht.
Die so aufgefundenen Jungeulen sind aber keineswegs hilflos. Besteht keine unmittelbare Gefahr durch eine nahgelegene Straße oder freilaufende Hunde, sollte man sie daher einfach sitzen lassen. Anderenfalls kann man sie 20-30 m von der Gefahrenquelle wegtragen und auf einen Ast in Kopfhöhe setzen. Sie wird sich dann selbst kletternd in Sicherheit bringen.
18.04.2017
Dem Waldkauz sagt man allgemein nach, seine Augen seinen unbeweglich in den Augenhöhlen verankert. Mebs & Scherzinger schreiben in „Die Eulen Europas“:
Form und Verankerung des Eulenauges lassen praktisch keine Beweglichkeit zu (max. 1°).
Wie so oft in der freien Natur, hält sich auch der Waldkauz nicht immer an die Literatur, wie man in diesem Video, sehen kann:
Video mit Augenbewegung des Waldkauzes – mit freundlicher Genehmigung des Nabu Berlin
Die Beweglichkeit der Augen, die man hier auf Grund des „Rote Augen Effektes“ unter der Infrarotbeleuchtung gut sehen kann, beträgt ein Vielfaches von 1°.
26.02.2017
In der Brandenburgischen Akademie Schloss Criewen findet am 24. März 2017 eine eintägige Fachtagung zum Thema statt:
Nicht nur die absehbaren Klimaveränderungen zwingen insbesondere in den neuen Bundesländern die Waldbesitzer zu einem forcierten Waldumbau, keineswegs nur in Schutzgebieten. Wegen der zunehmenden Trockenheit sind artenreiche, standortgerechte Laubmischwälder auch weniger anfällig für Windwurf und Schädlingskalamitäten und damit langfristig weniger arbeitsaufwendig und insektizidärmer. Die eigentliche kostengünstige und standortgerechte Naturverjüngung gelingt aber nur bei einer verträglichen Schalenwilddichte, die in Abstimmung mit den zuständigen Jägern geregelt werden muss. Für Schutzgebiete stellt sich zusätzlich die Frage, welche Waldgesellschaften besonders schutz- und erhaltungswürdig sind. In Wildnis- und Wildnisentwicklungsgebieten kommt die Frage hinzu, ob vor ihrer rechtskräftigen Ausweisung noch Monokulturen, insbesondere fremdländischer Gehölze, aufgebrochen werden sollten, um die Renaturierung der Wälder zu beschleunigen.
Die Tagung soll zu einem weiterführenden Erfahrungsaustausch zwischen den Waldbesitzerverbänden, Waldbauern, Förstern, Jägern, Naturschützern und Behördenmitarbeitern führen.
Näheres unter http://brandenburgische-akademie.de/Veranstaltung/oekologischer-waldumbau-und-nachhaltige-waldwirtschaft/?instance_id=66950
24.02.2017
Der NABU Moers/Neukirchen-Vluyn ist seit vielen Jahren im Schutz der bedrohten Avifauna, ins Besondere der Eulen und Käuze, aktiv. Neben den recht stabilen Beständen des Waldkauzes (Strix aluco) und der Waldohreule (Asio otus) sind hier besonders die Schleiereule (Tyto alba) sowie der Steinkauz (Athene noctua) als prägende Arten der Region zu nennen. Erfreulicherweise zählt der Niederrhein zu einem der Hauptverbreitungs-Schwerpunkte des Steinkauzes. Nachdem in den vergangenen Jahren die Arbeit im Eulenschutz zunächst etwas ins Stocken gekommen war, sind die geschützten Vögel seit 2016 wieder verstärkt in den Fokus der Bemühungen gerückt.
Neben der Erfassung der Bestände durch Kastenkontrollen, Sichtbeobachtungen oder nächtliche Verhöre mittels Klangattrappe ist ein Schwerpunkt in der Sicherung und Pflege geeigneter Habitate zu sehen. Dabei wird die Pflege der hier weit verbreiteten und landschaftsprägenden Kopfweiden besonders intensiv betrieben. Die Erhaltung von Streuobstwiesen und Dauer-Grünlandflächen gestaltet sich indes wesentlich schwieriger. Hier versucht der NABU auf Politik und Kreis einzuwirken, um die Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes zu wahren.
Die Tatsache, dass die natürlichen Nistplätze der höhlenbewohnenden und -brütenden Arten zunehmend der Motorsäge zum Opfer fallen und die gebäudebrütenden Arten wie die Schleiereule unter der (energetischen) Sanierung alter Gebäude leiden, macht das Anbringen geeigneter Nistmöglichkeiten in Form von Niströhren und Nistkästen unausweichlich. Auch hier wird durch Kooperationen und viel ehrenamtliches Engagement eine Menge erreicht.
Ein viertes wichtiges Element der Schutzbemühungen ist in der Öffentlichkeitsarbeit zu sehen. Soziale Netzwerke wie facebook sind ebenso hilfreich wie Fachzeitschriften, Tageszeitungen oder Illustrierte wie die Landlust oder andere Gartenzeitschriften. Kostenfrei durchgeführte Seminare und Exkursionen an der VHS Moers runden die Kommunikation mit der Öffentlichkeit ab. Der so genannte „Runde Tisch Umwelt Moers“, eine Runde verschiedener am Umwelt-, Arten- und Landschaftsschutz interessierter Gruppierungen wie NABU, Hegering, Stadt Moers, Imker, Landwirte, LINEG und ENNI formierte sich vor rund einem Jahr. Hier werden ebenfalls Belange, die den Eulenschutz betreffen, eingebracht und vertieft.
Kooperationen sowie das in Zeiten des Internets sehr gut durchführbare „Networking“ – so auch untereinander in der AG Eulen (großes Lob!) – sollen weiter intensiviert, Kontakte zu „Profis“ zwecks eines andauernden Erfahrungsaustausches initiiert und ein Fokus auf eine Wissenschaftsorientierung gesetzt werden. „Es ist viel zu tun – Packen wir es an!“
Text und Fotos: Harald Fielenbach
23.02.2017
Vor allem während der Nestfindungsphase und zu Beginn der Brutzeit fallen jedes Jahr Waldkäuze in ungesicherte Kamine und bringen sich damit in akute Lebensgefahr.
Vermutlich untersuchen die Käuze die Öffnungen der Kamine auf ihre Eignung als Bruthöhle, da der Schornstein in seiner Bauweise einem hohlen Baum ähnelt.
Anders als in einem tatsächlichen hohlen Baum, in dem die Tiere entlang der Holzfasern und -risse teilweise einige Meter bis zum Grund und wieder zurück klettern können, bietet ein Kamin keinerlei Halte- oder Klettermöglichkeiten. Abgestürzte Käuze haben so keine Chance, ihrer Falle zu entkommen, und sterben in den meisten Fällen.
Sind Waldkäuze erst einmal in einem Kamin gefangen, versuchen sie natürlich, sich aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Bei dem Versuch, die glatten Schachtwände nach oben zu klettern, verausgaben sie sich völlig und bleiben letztendlich verrußt auf dem Schachtboden hocken. Nicht selten kommt es vor, dass Käuze, die nicht sofort oder gar nicht rechtzeitig gefunden werden, sich die Krallen bis auf den Knochen abreiben.
Hausbesitzer oder Mieter sollten daher speziell zu Jahresbeginn auf ein kontinuierliches Rumoren „aus der Wand“ achten. Hört das Scharren und Kratzen über eine längere Zeit nicht auf, sollte der Kamin über die Reinigungsklappe kontrolliert werden, um eventuell verunglückte Käuze rechtzeitig befreien zu können.
Es empfiehlt sich außerdem, Kamine generell durch ein Gitter entsprechend zu sichern. Schornsteinfeger können hierzu Auskunft geben.
22.02.2017
09.02.2017
Vor zehn Jahren fand die letzte Welt-Eulen-Konferenz in Groningen/NL statt. Zur nächsten weltweiten Tagung treffen sich die Eulenforscher und Eulenfreunde in diesem Jahr vom
26. bis 30. September in Evora/Portugal.
Unser Mitglied Hein Bloom/USA und seine Frau Karla sind maßgeblich an der Organisation beteiligt und bitten darum, diesen Termin vorzumerken.
Präsentationen und Beiträge werden gerne noch angenommen.
Details finden Sie auf der Website und der facebook-Seite.
http://www.woc2017.uevora.pt/
https://www.facebook.com/World-Owl-Conference-2017-229110610867087/?fref=ts
„Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Schutze der Eulen e.V.“
07.02.2017
Die diesjährige Jahrestagung der AG Eulen findet vom 20.-22. Oktober 2017 im Christian Jensen Kolleg in Breklum/Kreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein statt. Die Gemeinde Breklum liegt an der Bundesstraße 5 zwischen Husum und Niebüll. Bahnreisende erreichen Breklum über die Marschenbahn Hamburg-Westerland und fahren bis zur Bahnstation Bredstedt. Für Übernachtungsgäste ist nach Anmeldung der Ankunftszeit beim Christian-Jensen Kolleg eine kostenlose Abholung per Taxi-Service möglich.
Unterkünfte stehen im Tagungsgebäude zum Preis von 59,30 € im EZ und 50,30 im DZ pro Person/Nacht zur Verfügung. Gewünschte Unterkünfte bitte direkt im Christian Jensen Kolleg bis 20.August 2017 anmelden! (Tel: 04671-9112-0; Fax 04671-2584, E-Mail: info@christianjensenkolleg.de). Nicht reservierte Zimmer werden danach anderweitig vergeben.
Die Tagung beginnt am Freitagabend mit dem gewohnten AG Eulen-Stammtisch. Das Vortragsprogramm findet am Samstag statt und endet am Abend mit der Mitgliederversammlung, bei der entsprechend unserer Satzung wieder eine Vorstandswahl ansteht. Am Sonntagvormittag sind verschiedene Exkursionen zum Beispiel in den westlich von Breklum liegenden Beltringharder Koog und in ein Steinkauz-Revier bei Tellingstedt geplant. Die Organisation vor Ort hat Herr Armin Jeß übernommen.
Anmeldungen zur Tagung bitte mit vollständiger Adressenangabe bis spätestens 05.10.2017 an Armin Jeß, Kirchenweg 3, 25870 Oldenswort, Tel: 04864-2718849, E-Mail: jess.armin@gmx.de.
Vorträge und Poster mit Kurzfassung bitte bis 22.9.2017 an den Vorsitzenden Dr. Jochen Wiesner, Oßmaritzer Straße 13, D-07745 Jena, Tel. 03641-603334, E-Mail: jochen.wiesner@ageulen.de mitteilen.
Anmeldeformulare sowie weitere Hinweise zur Tagung können unter www.ageulen.de zu gegebener Zeit eingesehen bzw. heruntergeladen werden. Auch ein Online-Anmeldeformular wird wieder zur Verfügung stehen.
Anmeldeformular als pdf zum Versand per Post
Online-Anmeldung für eingeloggte Nutzer
28.12.2016
Auf der diesjährigen Eulentagung im Kloster Schöntal wurde ein Fotowettbewerb ausgetragen. Dazu wurden 65 Fotos eingereicht.
Die Bilder wurden mit Nummern versehen (keine Namensnennung des Fotografen) und auf Stellwänden aufgehängt. 82 Tagungsteilnehmer bewerteten die Bilder, wobei jeder Teilnehmer drei Stimmen hatte und jedes Bild nur einmal gewählt werden durfte.
Die Preise für die Sieger wurden von Christ Media und Humanitas gestiftet.
Hier die Siegerfotos:
1. Preis: Perfekt getarnter Waldkauz in Baumhöhle von Christian Harms
2. Preis: Mit Beute anfliegendes Sperlingskauzweibchen von Christoph F. Robiller http://www.naturlichter.de
3. Preis: Waldohreule im Mondlicht von Dirk Unkelbach
4. Preis: Sumpfohreule mit ausgebreiteten Flügeln von Hero Appeldorn
5. Preis: Uhu-Wildfang von Christiane Geidel
6. Preis: Sumpfohreule von Lars Weiser
Vortrag zum 8. Internationalen Symposium vom 10.10. – 12.10.2014 in Halberstadt: „Populationsökologie von Greifvogel- und Eulenarten“
von Reimut Kayser
In den windschwachen Gebieten Süddeutschlands, insbesondere Baden-Württemberg und Bayern, war die Nutzung der Windenergie zur Stromerzeugung lange Zeit recht unattraktiv. Seit der Entwicklung größerer Windenergieanlagen (WEA) mit Nabenhöhen von ca. 140 m und Rotordurchmessern zwischen ca. 100 – 120 m, mit Nennleistungen von meist 2,5 – 3 MW, insbesondere von speziellen Schwachwindkraftwerken wie der Nordex N-117 (2,4 MW) mit einem Rotordurchmesser von 117 m, lag Bayern 2012 im Zubau von WEA auf Rang 5 im bundesweiten Vergleich mit durchschnittlich 133,9 m Nabenhöhe der 2012 erstellten WEA5). Abbildung (Abb.) 9 zeigt die Größenzunahme der WEA von 1990 – 2013 in Deutschland.
Um die großflächig geringe Windgeschwindigkeit (z. B. in Bayern) besser zu nutzen, werden von den WEA-Investoren sehr bevorzugt topografisch erhöhte Standorte ausgewählt: Hügel, Bergrücken, Hangoberkanten sowie Hochflächen, die an Talflanken von (Fluss-)Tälern anschließen. Dabei bewirkt bereits eine geringe Erhöhung der durchschnittlichen jährlichen Windgeschwindigkeit von z. B. sechs Metern pro Sekunde (6 m/s) (etwa in der Region München) auf 7 m/s (etwa in der Region Hamburg) fast eine Verdoppelung des Stromertrags, da die Leistung mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit ansteigt6). Die Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe über Grund zeigen die Abb. 5 und 6, die daraus resultierende Standortwahl die Abb. 7 und 8; Abb. 8 zeigt einen typischen WEA-Standort im südlichen Bayern (Allgäu) auf einer bewaldeten Anhöhe. WEA in Waldrandnähe erzeugen zusätzliche Kollisionsgefahren für größere Vogelarten. Die dezentrale, weit gestreute Stromgewinnung geschieht in Süddeutschland somit verbrauchernah mit kurzen Leitungswegen. Die Notwendigkeit, „Windstrom“ aus dem Norden mittels monströser Überlandleitungen zu den Verbrauchern im Süden zu bringen, wird zumindest stark verringert. Gerade die sehr großen geplanten Fernstromleitungen werden jetzt schon heftigst bekämpft. Zudem bieten WEA-Projekte auch im Süden respektable finanzielle Anreize auch für kleinere mittelständische Unternehmen sowie Kapitalbeteiligungen für Kommunen und Bürger im Standortbereich. Diese „Wertschöpfung vor Ort“ erhöht die Akzeptanz bei Kommunalpolitikern und Bürgern im Umfeld der WEA-Projekte.
Der folgenden Darstellung liegen sehr viele gezielte Beobachtungen zugrunde zum Flugverhalten von Rot- und Schwarzmilan, vor allem seit 1974 aus den Landkreisen Dillingen/Donau und Donau-Ries (beide Lkr. im Reg.bez. Schwaben/Bayern), die zu den drei Regionen mit den höchsten Populationsdichten des Rotmilans in Bayern gehören (Ergebnisse der bundesweiten Rotmilan-Kartierung 2011/12 für Bayern: Ornithologische Fachtagung des bayerischen Landesamtes für Umwelt in Augsburg, Februar 2013). Mit zahlreichen Fachleuten aus Ornithologie und Naturschutz wurden meine Beobachtungen immer wieder diskutiert und bestätigt.
Für Großvögel, besonders für den Rotmilan, vergrößern aber die WEA-Standorte auf erhöhten (exponierten) Geländebereichen zusätzlich das schon grundsätzlich vorhandene Kollisionsrisiko mit WEA-Rotoren erheblich. Die Abb. 2 und 3 zeigen die Dimensionen und technischen Daten von WEA und die daraus resultierende grundsätzliche Gefährdung besonders für größere Vogelarten.
Abb. 10 zeigt die Entstehung des Auftriebs am Profil (Querschnitt) des Vogelflügels: Bei langsamem Flug hat der Stau auf der Unterseite den Hauptanteil an der tragenden Wirkung (z. B. durch Thermik, Hangwind). Je schneller die horizontale Luftströmung auf die Vorderkante des Profils wirkt, desto größer wird der Anteil des oberseits wirkenden Sogs am Auftrieb.
Schema des Thermiksegelns (n. JADOUL) am Bsp. des Schwarzstorchs: Will der Vogel Energie sparend zu einem weit entfernten Nahrungsgebiet gelangen (Distanzflug), kann er als Aufstiegshilfen für seine langen Gleitflugstrecken a) Thermiksäulen oder/und b) Hangwinde nutzen. Hügelketten oder lange Talflanken (in Flusstälern) werden daher bevorzugt aufgesucht. Auch die im Bild gezeigten Waldrandbereiche können Aufwinde erzeugen.
Gerade die Suchflugjäger Rot- und Schwarzmilan bevorzugen Geländebereiche, die ihnen günstige Bedingungen für den notwendigen Energie sparenden Segelflug bieten:
Besonders kollisionsträchtig sind daher einzelne WEA oder gar „Windparks“, z. B. an Oberkanten von Flusstälern, die quer zu den Hauptwindrichtungen aus dem westlichen Sektor verlaufen. Die von Süd nach Nord verlaufenden zahlreichen Flusstäler, die den Alpenraum in Süddeutschland bis zur Donau hin entwässern, sind besonders kritisch (Beispiel: Abb. 18). Zudem haben sie streckenweise hohe Attraktivität für süd(west)wärts ziehende Großvögel. Schon vor dem alpennäheren Bereich bietet die flussauf immer mehr vorherrschende Grünlandnutzung besonders gute Nahrungshabitate. Gerade (steilere) Hangbereiche werden meist nicht ackerbaulich genutzt, sondern als Wiesen. Dadurch ergeben sich längere Aufenthaltszeiten (vor allem im Spätsommer/Herbst) und erhöhte Flugaktivitäten in besonders kritischen Bereichen: WEA, die quer zur Hauptwindrichtung an der Taloberkante eines von Süd nach Nord strömenden Flusses aufgereiht sind (s. Abb. 19),
Die zuletzt genannten Zusammenhänge werden durch folgende technische Daten noch deutlicher
Auch die häufig gewählten WEA-Standorte im Bereich von Waldrändern erhöhen das Kollisionsrisiko für Großvögel erheblich:
Legende zu den Abbildungen 14 und 15: Ausschnitt TK 1 : 25.000; Luftbild 1 : 12.500
Die stetig weiter zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft verschlechtert die Nahrungsbedingungen gerade für Suchflugjäger wie Milane und Weihen immer gravierender: Einerseits geht die Zahl der Beutetiere durch Verlust von Grünland, Hecken und Feldrainen zurück. Andererseits wird die Erreichbarkeit der Nahrung immer mehr erschwert durch Zunahme der Flächen mit hochwachsenden Kulturpflanzen, insbesondere von „Energiepflanzen“ wie Mais und Raps. Gerade zur Zeit des höchsten Nahrungsbedarfs für eine Rotmilan-Familie ab Ende Mai bis Ende Juli sind große Landschaftsteile für den Nahrungserwerb gleichsam versiegelt. Die Bilanz zwischen Energieverbrauch beim Jagdflug und Energiegewinn bei der Nahrungsaufnahme wird immer kritischer, je weiter bzw. zeitlich länger die Suchflüge werden müssen. In der Folge werden Geländeerhebungen und Waldränder noch wichtiger und attraktiver wegen ihrer günstigen Bedingungen für den Energie sparenden Segelflug.
Der landwirtschaftliche Strukturwandel, ohnehin ein entscheidender Faktor für den Rückgang der Rotmilanpopulation, nimmt zusammen mit dem weiteren Ausbau der Windkraft Milane u. a. größere Vögel gleichsam „in die Zange“. Dabei ist das Problem noch ziemlich im Anfangsstadium: Ende 2013 waren „onshore“ 24.008 WEA mit 33.658 MW Gesamtleistung in Deutschland im Betrieb7). Nach Vorgaben der Bundesregierung (u. a. BMU, 2012) sollen bis 2050 ca. 78.500 MW Nennleistung durch WEA an Land (insgesamt „on- und offshore“ ca. 85.000 MW) installiert werden.
Dillingen, Dezember 2014
Reimut Kayser
Nachtrag der Redaktion:
Die in Abbildung 13 dargestellte Form der Windströmung nennt sich Logarithmisches Windprofil. Der mathematische Hintergrund dazu ist bei Wikipedia dargestellt.
07.11.2016
In Bayern erfolgt derzeit die Implementierung des Monitoringprogramms der seltenen Brutvögel (kurz: MsB). In diesen sollen alle Arten „abdeckt“ werden, welche nicht durch das bekannte Programm des Monitorings häufiger Brutvögel (MhB), aufgrund von zum Beispiel Seltenheit oder spezieller Lebensraumansprüche, erfasst werden können. Auch die Schleiereule gehört zu diesen Arten.
In einem ersten Schritt versucht nun das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) alle brutrelevanten Daten Bayerns zusammenzustellen, um einen Überblick hinsichtlich der Entwicklung des Bestandes und Verbreitung aus allen Regionen zu erhalten. Die Daten sollen gesammelt und allen Interessierten zur Verfügung gestellt werden, sodass die eigenen Daten einer bestimmten Region besser interpretiert und eingeordnet werden können.
In einem zweiten Schritt sollen aus den zusammengestellten Daten bestimmte Projektgebiete (z.B. Landkreise) in verschiedenen Regierungsbezirken Bayerns ausgewählt werden, in denen ein dauerhaftes jährliches Schleiereulen-Monitoring eingerichtet werden soll. Diese sind zum jetzigen Stand noch völlig offen.
Aktuell erfolgt die Zusammenstellung der brutrelevanten Daten, wobei wir auf Ihre Mithilfe angewiesen sind. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns Ihre Daten zur Verfügung stellen könnten. (Natürlich kann dies auch über einen Datenankauf abgewickelt werden.)
Kontakt: Sebastian Biele (LfU Bayern)
Chouette hulotte (Strix aluco) – Rapport d’activité 2015 du Groupe Broyard de Recherches Ornithologiques
03.11.2016