Ökologie und Schutz europäischer Eulen
von Ortwin Schwerdtfeger
Nach zweijähriger Vorbereitung fand die 19. Jahrestagung der AG Eulen vom 23. bis 26.10.2004 in Dornbirn statt, 15 km südlich des Bodensees in Vorarlberg. Gemäß des jährlichen Wechsels der Tagungsorte lagen diese in den letzten Jahren in Duisburg, in Tecklenburg bei Osnabrück, im Havelland bei Berlin, im Westharz, in Ludwigsburg und im Ostharz. Da noch nie eine Tagung ganz im Süden Deutschlands stattgefunden hatte, war dies für die Jahrestagung 2003 der AG Eulen vorgesehen. Und warum sollte es nicht gleich und erstmals in einem benachbarten Land sein? Dafür kam besonders Österreich infrage, denn von den Mitgliedern der AG Eulen, die in den benachbarten Ländern leben, sind die meisten Österreicher. Tatsächlich fanden wir in MARGIT SCHMIO, Leiterin der „inatura - Erlebnis Naturschau Dornbirn“ eine Partnerin, die mit ihrem Team dankenswerterweise die Vorbereitungen unterstützte und die Organisation vor Ort übernahm. Da in diesem Dreiländereck auch die Schweiz angrenzt, kam es zur Zusammenarbeit von BirdLife Österreich, BirdLife Schweiz und dem Naturschutzbund Deutschland NABU. Das Symposium wurde von der Stadt Dornbirn, vom Österreichischen Naturschutzbund ÖNB und von der Vorarlberger Landesregierung gefördert. Der Landeshauptmann, Herr Dr. H. SAUSGRUBER, übernahm freundlicherweise die Schirmherrschaft. Er wurde auf der Tagung vertreten durch Landesrat E. SCHWÄRZLER, der in der Landesregierung auch für den Umweltschutz zuständig ist.
Damit waren die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den Eulenforschern und Eulenschützern Österreichs, der Schweiz und Deutschlands geschaffen. Vorreiter für die überregionale Kontaktaufnahme waren sowieso die Eulen selbst, wie sich z. B. an Umsiedlungen beringter Rauhfußkäuze zwischen den 3 Ländern zeigt.
Es begannen die Planungen für das Internationale Eulensymposium „Dornbirn 2003“ als Fortsetzung des Symposiums „Harz 2000“ das damit zugleich das 4. Treffen der europäischen Eulenfachleute werden sollte. Tatsächlich folgten Referenten aus 16 Ländern der Einladung, insbesondere aus den südosteuropäischen Ländern. Ihre Beiträge umfaßten das Leben der Eulen vom hohen Norden bis in den Süden Europas: von „Reaktionen der Schnee-Eulen auf die Populationsschwankungen der Lemminge im arktischen Grönland“ (B. SITTLER (F) & O. GILG (FIN)) bis hin zu „The role of the Longeared Owl winter roosts in determining small mammal's fauna in Belgrade“ (T. JOVANOVIC et al. (YU)). Sogar aus Washington (USA) war D.H. JOHNSON angereist, um das „Global Owl Projekt“ vorzustellen.
Während sich das letzte internationale Eulen-Sym- posium „Harz 2000“ auf die Ökologie und den Schutz der im Wald lebenden Eulenarten konzentrierte, wurden beim Symposium „Dornbirn 2003“ alle in Mitteleuropa vorkommenden Eulenarten einbezogen. So waren auch die Zwergohreule und der Habichtskauz mit mehreren Beiträgen vertreten. Entsprechend dem Tagungsort stand die Ökologie und die Dynamik von Gebirgsökosystemen als Themenbereich im Vordergrund. Erstmals waren auch alle Tiergruppen eingebunden, die das Leben der Eulen direkt beeinflussen, nämlich Greifvögel, Kleinsäuger, Spechte und Marder. Die Teilnahme der entsprechenden Fachleute führte zu einem fruchtbaren Informations- und Gedankenaustausch. Bei Gesprächen wurde sogar ein neues Alpenspitzmaus-Vorkommen in Thüringen publik!
Neben diesen interspezifischen Zusammenhängen rückten natürlich auch die negativen Bestandstrends bei den Eulenarten in den Vordergrund. Dies wurde besonders am Rückgang des Steinkauzes im Alpenvorland und im Jura deutlich. Da dieselbe Problematik bei der Durchsetzung von Schutzmaßnahmen für viele Länder gleichermaßen gilt, ist der überregionale Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen Nachbarländern angebracht und sogar erforderlich. Hier erweist sich das von C. STANGE (D), A. MAURER (F), F. PREJSS (D), T. SPENLEHAUER (F) & H. SCHUDEL (CH) vorgestellte grenzüberschreitende Artenschutzprogramm im Dreiländereck Deutschland, Frankreich, Schweiz als zukunftsweisend. An multinationalen Projekten wurde neben dem bereits genannten Lemming-Projekt auch die slowenisch-kroatische Untersuchung einer Habichtskauzpopulation von A. VREZEC (SI) & V. TUTJS (HR) vorgestellt.
Erfreulich war, dass sich unter den mehr als 200 Teilnehmern verhältnismäßig viele Studenten aus mehreren Ländern befanden. Einige referierten über ihre Diplom- und Doktorarbeiten.
Insgesamt wurden den Teilnehmern 36 Vorträge, 13 Poster sowie 9 Dia- und Filmbeiträge geboten. Sie waren eingebunden in die Themenbereiche: die Bedeutung der Kleinsäuger für Eulen, Populationsökologie von Sperlingskauz und Rauhfußkauz, Ökologie und Schutz von Zwergohreule und Sumpfohreule, Video-Registrierung bei Eulenbruten, Ökologie und Schutz von Schleiereule und Steinkauz, Ökologie und Schutz des Uhu, Lebensbedingungen für Eulen, die lange Nacht der Käuze, Eulen und Menschen, und in die Workshops: Naturhöhlen im Wirtschaftswald sowie Interspezifische Konkurrenz und Prädation. Einen anschaulichen Einblick in die Verbreitung und Gefahrdung der Eulen in Vorarlberg gab Frau R. KILZER.
Die Veranstaltungen fanden im Kolpinghaus statt. Die Möglichkeit, dort auch mittags und abends zu essen, wurde von den Teilnehmern gerne genutzt. Schon am Donnerstagabend hatten sich die meisten Teilnehmer zum Wiedersehen oder Kennenlernen beim traditionellen „Eulenstammtisch“ eingefunden. Zum Abschluß des Symposiums standen dann am Sonntagmorgen 3 attraktive Exkursionen in für die Region typische Lebensräume zur Auswahl: ins Rheindelta, in die Dornbirner Bergwälder und in den Bregenzer Wald. Während an den Vortragstagen Nebel und Schneefall herrschte, gab es am Sonntag herrliches Wetter mit Sonnenschein und phantastischer Fernsicht. Deshalb wurden diese Exkursionen unter fachkundiger Führung von W. NIEDERER, E. HÄFELE, R. JUNGBLUT und J. SOPRAPERRA-HERBURGER zu einem besonderen Erlebnis. Eine eindrucksvolle Multimedia-Einführung in die 4 typischen Lebensräume von Vorarlberg: Gebirge, Wald, Wasser, Stadt hatten die Teilnehmer bereits durch den Besuch der dem Kolpinghaus gegenüber liegenden inatura-Erlebnis Naturschau Dornbirn erlebt. Diese nach modemen Gesichtspunkten auf einem ehemaligen Fabrikgelände gestaltete Anlage ist der größte Natur-erlebnispark im Bodenseeraum.
Quelle: 2004 Eulen-Rundblick 51/52:66-67