Nachruf

WILHELM BERGERHAUSEN (1950-2006)

Ein Leben für den Schutz des Uhus

WILHELM BERGERHAUSEN wurde am 9. Mai 1950 in Köln geboren. Er starb plötzlich und unerwartet am 25. November 2006. Mit seinem Namen ist die Wiederansiedlung des Uhus in Deutschland und anderen Teilen Europas verbunden. WILHELM BERGERHAUSEN war eine der zentralen Personen der 1973 gegründeten „Aktion zur Wiedereinbürgerung des Uhus“ (AzWU), der er nahezu von Anfang an angehörte und die er maßgeblich formte. In den 1970er Jahren hatte der damalige Leiter der nordrhein-westfälischen Vogelschutzwarte, Dr. THEODOR MEBS, WILHELM BERGERHAUSEN mit OSWALD von FRANKENBERG, dem Gründer der AzWU, bekannt gemacht. Bergerhausen wurde rasch zum wichtigsten Mitarbeiter VON FRANKENBERGS.

Nach VON FRANKENBERGS Tod 1986 übernahm BERGERHAUSEN die Koordination der Wiederansiedlung des Uhus in Deutschland. An diesem Unternehmen waren zeitweilig einige Hundert Personen beteiligt. Es knüpfte an die bis in die 1960er-Jahre zurückreichenden Bemühungen von BERNHARD GRZIMEK, GÜNTHER NIETHAMMER und HUBERT WEINZIERL an. Für die Wiederansiedlung stellten z. B. die Zoologischen Gärten Jahr für Jahr ihren Uhunachwuchs zur Verfügung. Die jungen Uhus wurden auf ein Leben in der – ein Leben für den Schutz des Uhus Natur vorbereitet und in geeigneten Lebensräumen freigelassen - allein zwischen 1974 und 1994 fast dreitausend Uhus.

Das Projekt umfasste aber weit mehr als nur die Nachzucht und Freilassung von Uhus. Es brauchte vor allem die emotionale, finanzielle und praktische Unterstützung aus Politik, Wirtschaft, Öffentlichkeit und nicht zuletzt die der Jäger. Die Energieversorgungsunternehmen mussten für den Umbau der für Uhus gefährlichen Mittelspannungsmasten gewonnen, Felsen für den Klettersport gesperrt, Steinbruchbetriebe mit Auflagen versehen, Lebensräume unter Schutz gestellt und lange Zeit die Plätze, an denen es noch - oder nach den ersten erfolgreichen Wiederansiedlungen wieder - zu Bruten kam, rund um die Uhr bewacht werden. Außerdem bedurfte das Projekt der wissenschaftlichen Beobachtung und Begleitforschung. Zahllose wissenschaftliche Arbeiten galten der Uhuwiederansiedlung, darunter fünf Dissertationen. Uhus wurden gezählt, vermessen, gewogen, beringt, mit Sendern versehen, genetische Untersuchungen angestellt, Verlauf und Erfolg jeder Brut gemessen, Todesursachen und Gefahren analysiert, um Uhus immer besser schützen zu können.

Diese Aufgaben füllten BERGERHAUSEN vollständig aus. Für das Biologiestudium, das er Anfang der 1980er Jahre begonnen hatte, blieb keine Zeit. In Deutschland leben heute, nachdem die Art beinahe verschwunden war, ca. 1500 Uhupaare. Die Wiederansiedlung des Uhus zählt nicht nur zu den erfolgreichsten, sondern auch zu den wissenschaftlich am besten dokumentierten Wiederansiedlungsprojekten in der Welt. Das ist vor allem WILHELM BERGERHAUSENs Verdienst.

Nach diesem Erfolg entwickelte WILHELM BERGERHAUSEN 1991 das ursprünglich auf die Wiederansiedlung des Uhus ausgerichtete Aktionsbündnis von Wissenschaftlern und Praktikern zur „Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V.“ (EGE) fort. Deren Bemühungen gelten dem Schutz aller 13 europäischen Eulenarten als Leitarten eines auch die Landnutzung umfassenden und alle Politikbereiche durchdringenden Naturschutzes. Seitdem war WILHELM BERGERHAUSEN einer der Geschäftsführer der EGE mit einem Aufgaben- und Arbeitspensum, welches das der meisten anderen Naturschützer um einiges überstieg. Und dies ohne Bezüge, Brückentage und Beförderungsaussicht.

Zu den von WILHELM BERGERHAUSEN koordinierten Schutzprojekten zählt z. B. das seit 25 Jahren lückenlose Uhu-Monitoring in den nordwestdeutschen Mittelgebirgen mit registrierten 1.500 erfolgreichen Bruten, 3.000 Jungen und einer ungeheuren, erst ansatzweise wissenschaftlich erschlossenen Datenfülle. Auf diesen Ergebnissen gründete sich u. a. die Kritik am Klettersport und anderen Freizeitnutzungen, deren negativer Einfluss auf den Uhu vielerorts belegt wurde, die Zusammenarbeit mit der Stromwirtschaft zur Umrüstung für Vögel hochgefährlicher Mittelspannungsmasten sowie der beispielhafte Vorschlag der EGE zur Einrichtung Europäischer Vogelschutzgebiete für den Uhu.

WILHELM BERGERHAUSEN leitete überdies die Bemühungen zum Schutz des Steinkauzes in großen Teilen der Kölner Bucht, einem der Dichtezentren der Art in Deutschland. Dort trug er mit zahlreichen Interventionen exemplarisch zu einer stärkeren Durchsetzung des Artenschutzrechts in der Bauleitplanung bei und half so, den wegen fortschreitender Bebauung dramatischen Bestandsrückgang zu verlangsamen und das Rechtsbewusstsein in den Kommunen zu vergrößern.

Daneben oblag WILHELM BERGERHAUSEN – mit einer kurzen Unterbrechung – bis zu seinem Tod die Schriftleitung des Eulen-Rundblicks. Den Wert einer fachlich fundierten Informationsschrift hatte er früh erkannt und den Eulen-Rundblick maßgeblich mit seiner Redaktionsarbeit geprägt. Die AG zum Schutz bedrohter Eulen widmete ihm die noch von ihm mit vorbereitete Ausgabe des Jahres 2007, die Nordrhein-Westfälische Ornithologengesellschaft im selben Jahr das Themenheft des „Charadrius“ zum Steinkauz.

WILHELM BERGERHAUSEN verstand es wie kaum ein Zweiter, bio-ökologisches Fachwissen, praktische Vernunft und die Begeisterung für die Sache zielsicher zu verknüpfen und um nichts weniger, andere für den Naturschutz zu gewinnen: Politiker, Medien, Wirtschaft und die breite Öffentlichkeit. BERGERHAUSEN war sowohl eine über Deutschland hinaus geachtete Persönlichkeit des Eulenartenschutzes als auch eine prägende Kraft des Naturschutzes in der Region, sowohl ein Mann wissenschaftlich fundierten Artenschutzes als auch der praktischen Aktion – unerschrocken, unbequem, unabhängig und vielleicht gerade deshalb ungewöhnlich erfolgreich.

Dr. THEODOR MEBS schrieb über WILHELM BERGERHAUSEN:
„Der viel zu frühe Tod von WILHELM BERGERHAUSEN ist nicht nur für seine Freunde in der EGE ein großer Verlust, sondern ganz allgemein auch für die Eulen Europas. Zu deren Erforschung und Schutz hat WILHELM BERGERHAUSEN ganz Wesentliches geleistet. Vor allem für den Uhu hat er sich stark eingesetzt und viel bewirkt. Während meiner dienstlichen Tätigkeit als Leiter der Vogelschutzwarte des Landes Nordrhein-Westfalen habe ich WILHELM BERGERHAUSEN sehr schätzen gelernt als einen sehr aktiven und ideenreichen Organisator von Schutzkonzepten, der nicht nur mit Fachkompetenz, sondern auch mit viel Humor zu überzeugen wusste. Sein bleibendes Verdienst ist auch, dass er es verstanden hat, eine ganze Reihe von jungen Leuten in diesem Sinne zu begeistern.“

Diese allerdings heute schon nicht mehr jungen Leute führen BERGERHAUSENS Bemühungen in der EGE fort. Darunter sind nicht zuletzt die Personen, die BERGERHAUSEN zu Beginn der 1980er Jahre als Zivildienstleistende in die AzWU geholt hatte.

Wilhelm Breuer, 2010 im Eulen-Rundblick 60: 109

Nachtrag April 2014: Der Eulen-Rundblick 64 (2014) wurde Dr. Karl Radler und Wilhelm Bergerhausen gewidmet. Sie waren es, die 1993 das erfolgreiche Wagnis eingingen, aus dem hektographierten Mitteilungsblatt eine „ordentliche“ Zeitschrift zu machen.

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