von Martin Böttcher und Ernst Kniprath
Es kann jedem passieren: Man findet irgendwo eine Eule. Meist wird das ein Verkehrsopfer am Straßenrand sein. Was soll man tun?
So traurig das ist, man sollte nicht achtlos vorbeigehen (bzw. -fahren). Sogar tote Eulen haben was zu bieten. Einmal haben viele Eulen sehr schöne und in mancher Beziehung auch interessante Federn (s. dazu: „Was macht die Eule zur Eule?“). Man kann sich ihre Fangwerkzeuge, die Zehen und Krallen, ansehen. Das sind regelrechte Dolche. Dann sollte man den Schnabel betrachten. Er lässt sich sehr weit öffnen und man sieht bis in den Schlund. Nun wird man sich nicht mehr wundern, dass Eulen je nach ihrer eigenen Größe Beutetiere bis zur Größe einer Ratte „am Stück“ schlucken können. Wo sonst, als bei dieser Gelegenheit, kann man sich davon überzeugen?
Irgendwelche Teile von einer Eule mitzunehmen, verbietet allerdings das Naturschutzgesetz! Wer eine Eule findet, sollte gleich nachschauen, ob sie einen Ring am Bein trägt. Auch Eulen werden beringt, damit Einzelheiten aus ihrem Leben erforscht werden können. Die Eulen beringen, das machen engagierte Spezialisten. Auf die Meldung durch die Amateure kommt es aber nun an: Dieser Ring zusammen mit den Fundumständen ist ein wichtiger Baustein in der Forschung (gilt bei allen Vogelarten).
Also bitte: alles aufschreiben, was auf dem Ring steht und zusammen mit einer Beschreibung der Umstände an eine der Vogelwarten schicken.
Noch besser ist es, den Ring abzunehmen (geht, wenn man ihn aufbiegt) und der Vogelwarte zu schicken, wieder mit Beschreibung der Umstände. Auch wenn man ihn nicht wegschickt, bitte aufbewahren. Es könnte sein, dass die Vogelwarte eine Frage hat, zu deren Beantwortung man sich den Ring noch mal genau ansehen muss.
Vogelwarten gibt es vier im deutschen Sprachraum:
Die Beringung in Österreich wird von der Vogelwarte Radolfzell betreut. Prinzipiell ist es gleichgültig, an welche der Vogelwarten man seinen Fund meldet, die geben die Meldung weiter, wenn die Beringung nicht in ihrem Bereich gemacht wurde.
Alle diese Vogelwarten sind im Internet zu finden:
Homepage | |
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Helgoland | ifv@ifv-vogelwarte.de |
Hiddensee | beringungszentrale@lung.mv-regierung.de |
Radolfzell | web.support@bto.org |
Sempach | Kontaktformular |
Und auf deren Homepage gibt es ein Meldeformular für solche Ringfunde.
Manchmal wird eine Eule versehentlich irgendwo eingesperrt (Garage, Lagerhalle) oder verfliegt sich in ein Gebäude und findet nicht mehr den Weg hinaus. Sie kann auch in einen Schornstein gefallen sein. Meistens muss man fast gar nichts tun. Das Öffnen eines Tores, einer Tür oder eines Fensters genügt. Die Eule fliegt sehr bald davon.
Besser für die Eule ist es, wenn man die Freisetzung in der Dämmerung vornimmt. Es gibt eine Reihe Vogelarten, die Eulen nicht mögen und sie bei passender Gelegenheit angreifen („hassen“ nennt man das). Das ist zwar nur sehr selten eine tatsächliche Gefahr für die Eule, aber für die doch sehr nervig. In der Dämmerung passiert dergleichen meist nicht.
Eine Eule, die in einen Schornstein gefallen ist, kann ziemlich schmutzig sein. Wenn die Federn nicht wirklich verklebt sind, muss man gar nichts tun. Die Reinigung übernimmt die Eule später selbst. Eulen baden gerne. Und das kann ihnen zum Verhängnis werden, wenn sie das Baden in einer Regentonne versuchen und die Tonne nicht mit einem Netz oder mit Maschendraht abgedeckt ist. Dabei ertrinken sie leicht.
Ist eine solche Eule in der Regentonne noch lebendig, muss sie vor der Freilassung erst einmal trocknen, weil sie mit nassen Federn sehr schlecht oder gar nicht fliegen kann. Bitte nicht den Föhn anwerfen! Einfacher und für die Eule viel weniger stressig ist es, man wickelt sie vorsichtig in ein Tuch ein oder steckt sie in einen Leinenbeutel. Dann kann man abwarten, bis sie von selbst getrocknet ist. (Achtung, die Eule vermutet Lebensgefahr und nutzt ihre Krallen, seltener den Schnabel. Das ist schmerzhaft. Ein Lederhandschuh ist ein guter Schutz.) Dabei sollte sie natürlich weder für Katze noch für Hund erreichbar sein. Am besten ist es, sie s o verpackt in einen nicht völlig geschlossenen Karton zu legen. Sie braucht ja Luft.
und könnte daher für Raubsäuger aber auch Menschen erreichbar sein. Das ist der erfreulichste Fall. Man muss meistens gar nichts tun. Es kann sein, dass sich ein erwachsener Vogel aus irgendeinem Grund hier niedergelassen hat und am Abend einfach wegfliegt. Es kann natürlich auch sein, dass er erkrankt oder verletzt ist. Auch dann sollte man nicht gleich etwas tun. Wahrscheinlich hat er sich bis zum Abend wieder erholt und fliegt weg. Davon kann - und sollte - man sich überzeugen. Das geht so: In der Dämmerung (also erst nach Sonnenuntergang) überzeugt man sich vorsichtig aus der Ferne, ob die Eule überhaupt noch da oder schon längst davongeflogen ist. Ist sie noch da, wartet man in sicherer Ferne (um die Eule nicht zu beunruhigen) und schaut mit einem Fernglas, was sich tut. Meist fliegt sie irgendwann weg.
Die Eule im Busch kann aber auch ein Jungvogel sein. Dabei sollte man Vogelpflegestation in der Umgebung zu suchen. Im Internet helfen folgende Adressen weiter:
Manchmal hilft auch ein Anruf beim örtlichen NABU, der Polizei oder dem Naturschutzamt der Kommune (Stadt, Gemeinde oder Kreis).
Der Tierarzt wird als erstes durch Anschauen und Abtasten zu erkennen versuchen, ob eine Verletzung vorliegt. Ist das nicht der Fall, wird durch geeignete Versuche ermittelt, ob die Eule nur eine leichte Gehirnerschütterung durch eine Kollision hatte, die mittlerweile schon wieder vergangen ist. In dem Falle könnte der Vogel wieder freigelassen werden. Das kann man selbst tun, am besten ungefähr an der Stelle, wo man ihn gefunden hat. War das Ergebnis der Untersuchung nicht so günstig, wird die Schwere der Verletzung oder Erkrankung beurteilt. Auch das Alter einer Verletzung spielt eine Rolle, um entscheiden zu können, ob eine Behandlung sinnvoll oder möglich ist. Dabei stehen dem Tierarzt eine ganze Reihe moderner Hilfsmittel zur Verfügung:
Falls erforderlich, kann die Diagnose auch durch eine endoskopische Untersuchung abgesichert werden, wobei dann gegebenenfalls auch Proben von inneren Organen entnommen werden können, die dann wiederum untersucht werden auf Bakterien, Viren, Pilze oder krankhafte Veränderungen.
Nach einer sorgfältigen und umfassenden Diagnosestellung wird der Vogel entsprechend behandelt - falls dies medizinisch möglich ist. Die Art der Behandlung richtet sich natürlich nach der vorliegenden Erkrankung, Organstörung oder Verletzung und kann Unterschiedliches umfassen:
Einen breiten Raum nehmen naturgemäß Knochenverletzungen ein, die je nach der Art der Verletzung sehr unterschiedlich behandelt werden müssen. Manchmal genügt es, eine oder beide Schwingen zu bandagieren. In anderen Fällen muss der Knochen gerichtet und genagelt werden. Beeindruckend ist immer wieder die Schnelligkeit der Knochenheilung, wenn die Bedingungen optimal sind. Bandagen oder Nägel können oft schon nach 12 Tagen entfernt werden. Leider gibt es auch immer wieder offene und alte Knochenbrüche, die infiziert sind und bei denen die Knochenenden bereits abgestorben sind. Das sind Fälle, bei welchen die Wiederherstellung der vollen Flugfähigkeit nicht möglich ist.
Das ist der Zeitpunkt, zu dem entschieden werden muss, ob die Behandlung der Eule zur vollen oder teilweisen Rehabilitation führen kann oder ob dies nicht zu erwarten ist. Im letzteren Falle muss der Vogel wohl eingeschläfert werden. Die Entscheidung, eine Eule einzuschläfern, ist natürlich ein schwerwiegender Schritt und sollte nur von einem Fachmann getroffen werden. Dabei spielt nicht nur die Art der Verletzung eine Rolle, sondern auch die Eulenart, der Grad der Gefährdung dieser Art und eventuell die Möglichkeit, den Vogel in ein Zuchtprogramm zu integrieren.
Von solchen Sonderfällen abgesehen, sollte eine Eule nur dann behandelt werden, wenn eine realistische Möglichkeit besteht, sie anschließend wieder in die Freiheit entlassen zu können.
Da Tierärzte fast nie dafür eingerichtet sind, einen kranken Vogel zu pflegen, treten jetzt die Pflegestationen wieder in Aktion. Für die weitere Pflege und die Rehabilitation sollte eine ausreichend große Voliere vorhanden sein, damit der Vogel die Möglichkeit hat, die Flugfähigkeit einzuüben und die Flugmuskulatur zu trainieren.
In besonderen Fällen kann auch eine regelrechte Physiotherapie nützlich sein, aber bitte nicht ohne gute und fachgerechte Anleitung. Insbesondere bei Jungvögeln muss auch das Schlagen der Beute eingeübt werden. Wiederhergestellte Altvögel, die nicht allzu lange in Menschenhand gepflegt wurden, können in vielen Fällen einfach „aus der Hand“ freigelassen werden.
Oft ist es aber zweckmäßiger, eine Methode einzusetzen, die als „Soft Release“ bezeichnet wird: Dazu ist die Voliere so eingerichtet, dass sie dann, wenn die Eule hinreichend rehabilitiert ist, geöffnet wird, die Eule aber trotzdem weiter Futter angeboten bekommt. So kann der Vogel allmählich wieder selbstständig werden. Falls er sich anfangs noch nicht ausreichend ernähren kann, wird er zurückkommen und sich beim Futter bedienen. Nach einer gewissen Zeit wird er dann ganz ausbleiben.
Die Eule einfach zur eigenen Freude zu Hause zu behalten, auch wenn sie so geschädigt ist, dass sie nicht mehr in die Freiheit entlassen werden kann, verbietet das Naturschutzgesetz. Die Eule muss dann zur weiteren Haltung einem Tierpark, einem Zoo oder einem privaten Züchter übergeben werden, die allein die Genehmigung zur Haltung von Wildtieren haben.
Wenn Gefährdungsstellen identifiziert werden können, sollte man sich bemühen, diese zu beseitigen oder wenigstens mithelfen, diese zu entschärfen. Stichwörter sind zum Beispiel:
Dr. Martin Böttcher
dr.martin.boettcher@t-online.de
Quelle: 2012 Eulen-Rundblick 62: 47-49